Sonntag, 1. November 2009

Leere im Kopf

Aus Jena gibt es nichts Schlimmes, aber auch wenig Erfreuliches zu berichten. Die massiven Nebenwirkungen der letzten Chemo tun sich nun mit der totalen Aplasie der Blutzellen zusammen. Greta kotzt Blut und bekommt entsprechende Konserven. Der Stoffwechsel ist weitgehend zusammengebrochen, wichtige Organe funktionieren nur noch eingeschränkt, das Kind hat ca. drei Liter Wasser eingelagert und sieht nun gar nicht mehr fotogen aus. Dass sie trotzdem wenig leidet, liegt an den Morphinen, die sie in einen Dämmerzustand versetzen. Filme interessieren sie nicht mehr, sie will nur noch vorgelesen bekommen, seit einer Woche dasselbe Buch (Morgen Findus wird’s was geben).
Das stundenlange Vorlesen unter dem Mundschutz führt bei dem Betreuer zu einer gewissen Sauerstoffarmut im Hirn, die der trostlosen Lage durchaus angemessen ist. Leider sind Die Nebel von Avalon auch nicht geeignet, die Leere im Kopf nachhaltig zu füllen. Viel zu lang das Buch, erschreckend wenig Ehrgeiz, ein wirklich buntes mythohistorisches Panorama zu malen. Nur Mittelalterklischees wie im DeFA-Sonntagsmärchen. Ich las irgendwann, dies Buch sei ein wesentlicher Beitrag zur Gender History der Achtzigerjahre gewesen. Dabei gibt’s nicht mal eine theologische Debatte mit Tiefgang, geschweige denn auch nur eine einzige knackige Schlachtschilderung. Stattdessen immer nur dieser Frauenkram. Das hätte Tanja Kinkel besser gekonnt. Und natürlich der alte Felix Dahn.
Nehmen wir dieses Schmalspurleben als Durchgangsstadium. Tag 9 ist geschafft, es gibt keine echten Komplikationen. Mehr dürfen wir im Moment nicht wollen. Dass wir an diesem Wochenende Halloween und Genesung feiern wollten, haben wir sowieso schon vergessen.

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Das Beruhigende an diesem Beitrag ist, zu lesen, daß Greta das alles nicht so wirklich wahrnimmt dank der Morphinbehandlung. Wenn du schreibst Tag 9 ist überstanden, steckt dahinter - hoffentlich- die Aussage, daß das "Ende des Tunnels" nicht mehr weit ist.
Ich bin in Gedanken viel bei euch.
Liebe Grüße
Doris