Mittwoch, 18. November 2009

Büßen und Beten in Sachsen

Wir haben unsere Jena-Planungen geändert. Ich fahre frühestens Freitag, weil ich mittendrin stecke in einer Waldstraßenviertel-Pandemie, die ich nicht nach Jena tragen sollte. Stella und Clara waren Montag und Dienstag zuhause und überwiegend im Bett. Ich kontrolliere jeden Morgen, ob sich bei ihnen Ringelschwänze bilden, denn dann muss man ja zum Arzt gehen. Aber diese Art von Infekt hätte man früher wohl „Erkältung“ genannt. Die Kinder rotzen, schniefen und husten, dass es für ein empfindliches Gehör kaum zum Aushalten ist. Von den Betten aus machen sie Taschentuch-Weitwurf nach dem Papierkorb, den sie meist nicht treffen. Entsprechend sieht das Zimmer aus. Heute Abend sind die beiden schon wieder sehr lebendig.
Sie sind auch gut ernährt, denn Onkel Roland hat ihnen beigebracht, dass Obst und Gemüse sehr wohlschmeckend sein können. Die Voraussetzung allerdings: eine erwachsene Betreuungsperson übernimmt das Schälen und sonstige Unannehmlichkeiten. Ich habe also einen Sack Orangen gekauft und mir zum x-ten Mal vorgenommen, jeden Tag einen Teller mit saftigen Obststücken auf den Tisch zu stellen.
Greta hat nun doch die Lebervenenverschlusserkrankung (VOD), eine häufige Komplikation, nach der die Ärzte in den letzten Wochen schon intensiv per Sonograf gesucht haben. Bestimmte Abfallprodukte der schweren Medikamente führen zu Veränderungen in der Venenwand, und diese Veränderungen begünstigen eine Verstopfung. Ein kleiner Thrombus wurde nun gefunden. Die Ärzte geben Defibrotide, müssen freilich aufpassen, dass sie damit nicht wieder innere Blutungen befördern, die noch vor kurzer Zeit zu den größten Risiken gehörten. Ein Glück, sagen sie, dass diese Komplikation erst am Tag 25 nach der KMT aufgetreten ist. Sollte die Vene sich ganz zusetzen, ist es aus mit Greta. Es kann aber gut sein, dass es harmlos verläuft und der Thrombus sich wieder auflöst. Die Nierenwerte sind auch nicht in Ordnung. Das eingelagerte Wasser wird nur sehr langsam abgebaut. Von größeren Eingriffen wie einer Drainage wird aber einstweilen abgesehen.
Als ich diese Dinge mit Steffi am Telefon besprochen hatte, fragte Clara: Wie hoch ist Gretas Prognose jetzt? Nachdem ich vor ein paar Tagen etwas leichtsinnig 80 Prozent in die Runde geworfen hatte, musste ich mich nun auf 60 Prozent korrigieren. Clara lief sofort ins Kinderzimmer und rief: Stella, es gibt schlechte Nachrichten ...
Obwohl Clara also eindeutig einen rationalen Zugang zur Welt hat, macht sie gerade eine religiöse Phase durch - wie Stella vor zwei Jahren. Wir haben eine CD geschenkt bekommen mit christlichen Kinderliedern, die tatsächlich ganz fetzig sind und die ganze Tage rauf und runter gelaufen sind. Nun hat Clara eine Tabelle angelegt. Dort trägt sie wichtige Bezugspersonen ein, die sie fragt, ob sie an Gott glauben oder nicht. Von der Mehrheitsentscheidung will sie ihre eigene Haltung dazu abhängig machen. Im Grunde ist das ja auch ein sehr rationaler Angang.

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Gute Besserung allen, daß die Viren jetzt umgehen entspricht wohl der Jahreszeit, auch hier in Nürnberg bleibt man nicht verschont. Aber hoffentlich funktioniert dein Abwehrsystem, daß du am Freitag die Ablösung übernehmen kannst. Ist sicher schwer für Greta und Steffi.
Ja und weiter beten für Greta lohnt wohl schon, gut daß die Ärzte dort offenbar vorsorgend sind und Veränderungen schnell erfassen.
Doris