Mittwoch, 27. Februar 2013

Ich packe meinen Ressourcenkoffer...



Es ist nicht immer leicht, sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren.
Lohnsteuer, GEZ-Gebühren klären, Auto, Klingelschild abgefallen, Mikrowellen-Zeitschalter kaputt, Pflegerechnung stellen, !Telefonate! Mails schreiben und feststellen, dass die Adressaten in Elternzeit sind (in der ich ganz viel Spaß und Freude an den beiden Knirpsen und der Zuhausezeit wünsche, falls das hier gelesen wird - Kraft tanken und Ressourcenkoffer füllen...!!).
Da soll man mal die geistige Heilung und spirituelle Wegfindung angehen.

Stephan verschluckt sich inzwischen häufig und hustet dann, manchmal so, dass er brechen muss. Ich befürchte, dass das angekündigte Nicht-mehr-schlucken-können nun irgendwann bevorsteht. Mein Gott, meine Göttin, welch ein grausamer Weg.

Ich war auf einem wunderbaren Geburtstag nur mit Frauen, auf dem wir „Göttinnen-Karten“ gezogen haben...habe ich ewig nicht gemacht sowas, und es war inspirierend und anregend. Ich hatte „Hathor“. Kennt ihr nicht? Ich hatte auch noch nie von ihr gehört, eine mächtige ägyptische Göttin mit Kuhkopf/Hörnern, die für Empfänglichkeit steht...die eine daran erinnern soll, zu empfangen, um wieder mit Energie und Liebe geben zu können – so in etwa.
Ich nehme gerade so viel...viel Zuwendung, Zeit, die andere opfern – für Stephan und für mich, für unsere Kinder...- Gaben der Liebe und Zuneigung. Ich hoffe, ich kann auch immer malwieder soviel für andere geben und darf auch immer malwieder empfangen, wo ich es brauche. (Es gab auch eine Göttin, die wollte, dass frau die chemischen Gifte in sich loswird und weniger Weißmehl und Zucker zu sich nimmt, huijuijui. Ich war doch froh, dass ich die NICHT hatte!)
Manch einer ist vielleicht einfach froh, dass er selbst nicht betroffen ist und mit seiner oder ihrer Kraft ein bisschen mittragen kann an unserem Gepäck.
Anderen ist es ein Anliegen und ein Bedürfnis, Stephan nochmal zu sehen, mit ihm zu reden, Erinnerungen zu teilen und DA zu sein.
Das Einladen und die Bewirtung von Gästen und Freunden war immer Stephans „Ding“...und jetzt häufig das der jeweiligen Helfer hier...aber ich möchte mir das auch gerne bewahren, ein „offenes“ Haus zu haben und für andere „gastlich“ zu sein – eine schöne Eigenschaft! Das Grillen im Braunschweiger Garten!! Weihnachten!! Silvester-Rosenkohl, Tortellini-Aufläufe, Rosinenbrot zum ersten Date, DIE PIZZA!!! 

Liebe Bianka, dein Blumengruß ist wunderschön...ich war sehr gerührt davon und von deinen Worten...lieben Dank auf diesem Wege...!

Eben beim Ins-Bett-bringen fragte mich Stephan, wieviel Männer in der Umgebung denn noch „so versorgt“ würden...ich daraufhin: „Soweit ich weiß, keine...!“ Und er meinte, dass er auf die anderen doch ein wenig eifersüchtig wäre...very sweet...
Welcher Mann wäre schon gerne in so einer mistigen Situation...?!? Aber es passt zu Stephan, dass er das alles noch positiv „verpackt“...
Zumindest ist er nicht garstig, grantig, aggressiv, ungerecht...eher sehr geduldig und lieb (Obwohl ich heute schonwieder vergessen habe, Nachrichten oder Fußballergebnisse zu berichten.)
Sonntag bin ich mit Bernd und Helga im tiefsten Nebel durch`s Rosental spaziert, an ungefähr achtzig skurrilen Schneemännern, dunkelgrauen Baumriesen mit Tausenden nackten Ästen und den einzigen Lichtern aus der Afrika-Lounge vorbei...auch an der Stelle, wo Gretas Baum hinsoll, sind wir vorbeigekommen. Das wäre wirklich ein toller Platz.
Ich glaube übrigens auch, dass man sich in einer anderen Welt wiedertrifft und dass Greta Stephan „abholen“ wird oder Ähnliches. Er hat nun auch öfter gesagt, dass sein Vater, den er Hans nannte, „da“ wäre...ich meinte dann, Hans würde aber jawohl nur „zu Besuch kommen“ und ihn nicht abholen wollen... - Aber irgendwie ist das ja schon sowas wie ein Bote aus der Geisterwelt.
Greta fehlt mir körperlich so, dass es wehtut. Ich schaue Fotos von ihr an und plötzlich ist da dann dieses totale Vermissen und Begreifen des „Nie wieder“.
Ich habe aber kaum Tränen im Moment, es tut einfach nur weh. Vielleicht ist das ein Selbstschutzautomatismus, weil Weinen irgendwie auch immer schwächt, genauso wie es befreit...Aber sollte das Meer losgelassen werden, könnte es vielleicht nicht mehr versiegen – und ich kann grad keine Sintflut gebrauchen.
Ich weiß nicht, wie das wird, wenn ich mal ca. achtjährige, kleine Mädchen auf unseren Pferden durch den Wald begleiten werde. Kleiner oder größer geht ganz gut – aber bei „ähnlichen“ kriege ich, glaub ich, Beklemmungen.
Ich gucke dann entweder „desinteressiert“ zur Seite – wie heute in der Apotheke, wo mich ein Mädchen aus Gretas Kindergartengruppe, das inzwischen in der zweiten Klasse ist, ein wenig anstarrte, wie Kinder das eben manchmal tun, wenn sie einen erkennen. Oder ich plappere drauflos und bin lustig wie ein Holzfäller.
Wird aber hoffentlich im Laufe der Zeit besser. Eine überdrehte oder stumme Reittherapeutin ist ja nicht besonders therapeutisch.
Meine Lieben, ich bin heute irgendwie komisch drauf und schließe hier mal.
Zur Untermalung der "eisigen" Stimmung im Hause Schmal gibt es heute die beiden Prinzen nach dem Toben im Schnee!


(Ich habe Stella und Clara nicht vergessen, aber die beiden Damen sind momentan richtig gut drauf. Stella „kotzt“ nur über ihre festgezurrten Deutsch-Aufsatz-Aufgaben ab und hat sich Montag ihre erste Brille ausgesucht (schwarz und sehr intellektuell). Clara wartet sehnlichst auf Sitzplanänderung („Max ist soooo nervig!!!!“) und ihren 11. Geburtstag. Papas Zustand macht ihr nur manchmal etwas Angst. Oma und Opa aus Kiel versorgen derweil alle wie immer hervorragend von Kopf bis Fuß.)

Donnerstag, 21. Februar 2013

Angst oder Nicht-Angst


“The only thing I´m sure of is to have no fear at all. Just go, keep on going on. And the only thing that`s certain is sometimes you`re bound to fall. Just go, keep on going on.
When all you worked for. Comes tumbling to the ground. Don`t let the sadness fill your heart. Tomorrow may be a better day. Lift your head up again. You know you`ll start again. No matter what may come of it. As long as hope`s alive, I`m sure that you`ll survive. You know what you have to do. Tightrope walker...”


Das stimmt natürlich alles nicht, ich habe verdammten Schiss. Vor Allem und Jedem. Vor Gefühlen und Verlusten, Gesichtsverlusten und Gefühlsverwirrungen und bin ein Kontrollfreak, was Blamagen angeht (zum Glück, muss man manchmal dazu sagen, manchmal raubt das aber auch den spontanen Mumm. Was wiederum schade sein kann...)!
Die Gefühle sind natürlich trotzdem da und ich versuche, gegen die Angst anzukämpfen, aber auch gegen die Verwirrungen, was beides nicht immer klappt.
Abschiede. Wieviele davon hat man in einem Leben zu meistern?
Und es fühlt sich schonwieder nach Abschied an. In Raten. Und von dem nächsten geliebten Menschen...ich weiß nicht, ob das Verlieren-ohne-Festhalten-können das ist, was ich am meisten fürchte, das Alleinbleiben oder alle weiteren Abschiede, Schlüsse, kommende Entgültigkeiten.
Nicht mehr dazuzugehören, nicht mehr als Familie „ganz“ zu sein...
Mehr in der Geisterwelt als der „richtigen“ Welt zu sein...?
Eine Zwischenwelt ist es auf jeden Fall. Nicht mehr ganz auf der alten Strecke, aber auch noch kein neuer Weg.
Stephan ist jetzt genau das passiert, wovor er am meisten Angst hatte – er ist komplett abhängig und hilflos...Mir hat er das nie gesagt, dass er das fürchtet (man setzt diese Furcht allerdings ein bisschen voraus, finde ich), aber einem guten Freund. Jetzt ist auch das linke Auge quasi "zu" - Abschied vom Sehen der Welt.
Und nun kann man die Angst nur lindern, oder?
Ich wirke nur nach außen stark, weil ich irgendwann beschlossen habe, dass der Tod uns nicht unterkriegt (Auch wenn ich schwere Gefechte mit ihm an der Bettkante geführt habe, er wollte  mich nicht und Greta zu dem Zeitpunkt auch noch nicht).
 Die Mädchen fanden es bei Gretas langem Weg immer am Wichtigsten, dass es irgendeine Hoffnung gab – natürlich auf Heilung und ein gesundes, langes Leben!! Aber vielleicht ist es auch die Hoffnung, dass es immer irgendwie weitergeht, egal, was passiert und egal, wie schmerzhaft es ist. Und unsere Verweildauer hier ist vielleicht auch gar nicht entscheidend...(Da ist es malwieder: "Gräme dich nicht, dass es vorbei, sondern freue dich, dass es gewesen ist!")
Und es gibt soviele Kraftspender, Helfer und gute Seelen um uns herum! (Die Blumen aus Stuttgart sind DER HAMMER!! Danke, liebe Personalabteilung!!!)
Farbenpower gegen den grauen Leipziger Winter!!
 Seid hiermit alle herzlich umarmt. Unser klasse Umfeld und alle lieben Gesten sind bergeweise Kraft-Material für meinen wertvollen „Ressourcenkoffer“!
Am Dienstag wurde auch mein Rücken wieder eingerenkt von einer fachmännischen Physio (es knackte ein paarmal und Schwups! konnte ich meinen Hals wieder besser nach rechts drehen...noch ein bisschen Kneten und Fango, toll!) Zum Glück fühlt sich Fango nicht an wie das „Klangbad“ in Bad Oexen, wo ich mich wie aufgebahrt fühlte.
Ich frage mich, wie es wohl Wolfgang Herrndorf geht. Ich musste heulen, als ich vor ca. zwei Monaten den Artikel in der „Zeit“ über ihn gelesen habe und über seinen Blog, der den schönen Titel „Arbeit und Struktur“ trägt (Herr Herrndorf ist auch Jahrgang ´65, hat auch ein Glio und hat das Jugend-Road“movie“ “Tschick“ geschrieben...)
Als ich dem Rest der Familie erklären wollte, was mich da gerade so berührte und dass der Mann Stephan ein bisschen ähneln würde und irgendwie denselben Humor hätte, antwortete Clara prompt: „Tumor, Mama, TUMOR!“
Alles Verrückte hier.
Ich muss mich wohl in Zukunft erstmal vor allem um meine beiden pubertierenden Damen kümmern, die schon sehr ihr eigenes Ding machen und sehr selbstständig sind, aber mir nicht wegdriften sollten vor lauter anderen Wolken in meinem Kopf. Bodenhaftung ist angesagt. Andererseits ist das Getragenwerden auch toll und Fliegen manchmal auch ;-)

Silvester 2012, Gretas Lieblings-Wellenweg ohne Schnee...

Roland ist noch bis Donnerstag hier (und wäscht Stephan grad die Haare, während ich mit Kater am Schreibtisch sitzen darf) und dann kommen meine Eltern. Was ganz großartig ist, weil ich hier sonst ganz schön angetackert und selbst das Einkaufen etwas schwierig wäre. 
Der Puderzucker-Schnee über Leipzig sieht zwar ganz nett aus, aber irgendwie nervt`s dann doch. Den Skifahrern unter euch sei es gegönnt...
Nervlich sind wir alle etwas angespannt. Springsteens „Streets of Philadelphia“ haut uns die Sicherungen raus, so wie „Sanctuary“ oder was es noch an Musik gibt, die einen in seelischen Löchern so richtig erwischt. Ich bin im Auto immernoch an derselben CD dran.

„You left me broken,
So many tears I´d cried for you. Trying to understand, all that we`ve been through.
This love`s confused, is this hope abused?
I´d still shelter you, keep you warm. Protect you from the storm.
Holding you close to my heart.
And I will find sanctuary in your arms.
Wrapped around you the whole world just disappears. Time stands still when I`m with you. A moment feels like years. I feel confused. There`s so much to loose. My head ist fighting with my heart.
Feel so torn apart.
Holding you close to my heart.
I will find sanctuary in your arms.”
(Sanctuary, Alex Clare)

 Pfingsten 2012

Donnerstag, 14. Februar 2013

Small Adult


Stephan ist so schmal geworden, dass er wirkt wie ein großgewachsener, etwas hagerer Jüngling...gerade nach dem Rasieren in der Badewanne kommt es mir so vor, als wäre er gerade mal 15.
Seine Beine haben ungefähr den Umfang von Gretas Oberschenkeln, in besseren Phasen.
Er ist unglaublich geduldig und nach wie vor auch oft sehr witzig...
sein trockener Humor hat uns neulich in größerer Runde ziemlich gerissen...- das ist toll und gerade solche Momente trösten über die traurige Gesamtsituation hinweg.

Die Mädchen hatten eine sehr schöne Geschwisterfreizeit mit Wanderungen, Gesprächen und Spielen, die einfach mal positive Erlebnisse gesetzt haben, an denen man zehren kann. Auch wenn Ablenkung nur kurzfristig hilft, ist es ein Mittel, nicht vollständig zu verzweifeln.

 "Arbeit" am Krankenlager...und das Kontrastprogramm kirgisische Fotoaktion...;-) Die großartige, liebe volle Unterstützung von Stephan, mir und den Mädels durch Familie und Freunde ist einzigartig toll und die wünscht man Jedem in einer ähnlichen Situation...!!




Das gilt auch für meine Pferdeprinzen, die für mich (und das Carlotta-Clärchen) das absolute Antidepressivum sind...(das tolle Hilfsteam um mich herum sieht das auch so und verhilft mir immer wieder zu Freiräumen und Zeit, mich mit positiver Energie „aufzuladen“...Im Auto singen Clara und ich übrigens seit Weihnachten zur CD von Alex Clare: Lauthals, bestimmt falsch, aber mit Inbrunst...das ist so klasse im Auto;-)

Der Winter zieht sich derweil grausam in die Länge – wir haben erst Februar, verflucht nochmal!!!
Der Salsa-Abend im relativ neuen "Mambodrom" am Bahnhof in echt entspannter, netter Atmosphäre war ein Intensiv-Programm gegen diese zähe Winterlethargie...und eine echte Entdeckung. Rolands Füße mussten reichlich leiden, wenn ich trotz guter Führung malwieder woanders hinzappeln wollte...aber: Wir haben sage und schreibe drei Stunden durchgetanzt (Eigentlich sollten hier jetzt Fotos vom surrealen Hochzeitswalzer mit Stephan im Sommer ´99 hin, aber das Scannen habe ich noch nicht hingekriegt...) und in der Nacht war mir schwindelig. Armer Stephan, weil ich in so einem Zustand nachts überhaupt keine Lust habe auf Plaudern oder Pflegeprogramm und er häufiger wach ist...
Ich fühle mich trotzdem nur kurz als Verräterin, weil Stephan sowieso nicht gerne Tanzen gegangen ist. Da muss ich die eigene und einen Schuss männliche Energie eben mal woanders hernehmen. 

"Django" gab es dann mit weiblicher Begleitung, und das war ein herrlicher Splatter-Abend, den ich gerne wiederhole...(an alle, die ich am Dienstag dann doch nicht mehr erreicht habe...)! Christoph Waltz genial, "Fritz", der Fuchs von Django und der coole Palomino am Schluss haben mein Herz erobert und bei der Debatte um die KluKluxClan-Mützen hätte ich mir vor Lachen echt fast in die Hose gemacht...Klar sind die Ketchup-Berge und die Gewaltszenen krass, aber es geht ja auch darum, dass diese Gewalt krass ist...

Kater Benni ist übrigens dazu übergegangen, mir mitten in der Nacht mit ausgefahrenen Krallen in mein Gesicht zu fahren, wenn er gestreichelt werden möchte. Super...diese Form von männlicher Energie ist dann doch etwas zuviel.

Dass es ein neues „Findus + Pettersson“-Buch gibt, tut auch eher weh...Ich habe mit Greta soviel Findus gelesen, dass ich einige Texte im Schein der Infusionsmaschinen mitsprechen konnte, ohne wirklich zu lesen. Und jetzt „Findus zieht um“ ohne Greta...
(Ich habe das Buch nun von Heidi zum Geburtstag bekommen...vielleicht hilft weiterhin die bewährte "Konfrontationstherapie"...?!)



 "Life is a tightrope,
your`re standing on one toe. Don`t let the fear take hold of you.
You`re bound to fall to the ground below.
Pick yourself up again. Over the edge again, hold on to your hopes and dreams.
When all seems to be lost, don`t start to count the  cost.
Just go and begin again. Tightrope walker...
Tightrope, Alex Clare (The lateness of the hour)

Donnerstag, 7. Februar 2013

Hunger und andere Überlebensstrategien


Mit den „Süßigkeiten“ ist es so, dass Stephan im Büro der Mann mit der Schoko-Schublade gewesen ist, wo man immer was für den kleinen Hunger zwischendurch finden konnte. Ich habe mich immer gefreut, wenn ich die Berge von Schokoladen in den Einkaufstaschen gesehen habe – die Hälfte davon wanderte dann aber jedes Mal ins Büro ab...machte aber nichts, weil immernoch genug da war (und ich selber auch Schokolade einkaufe)...und zur Not gibt’s ja noch NUTELLA;-)!

Wir wurden nun wunderbarerweise ein paar Tage hintereinander ganz grandios mit Essen beschenkt und bekocht, so dass es gar keine Schokolade geben musste. Es gab eine sehr leckere Lauch-Quiche, Szegediner Gulasch,  für morgen ist Bouillabaisse da...und soviel frischer Kuchen, dass wir noch drei Tage daran weiterfuttern können...Danke vielmals liebe Heide und liebe Tante Ursel!!
Und gleichzeitig gibt es soviel Besuch, dass man meinen könnte, jeden Tag hätte unser Kater Geburtstag...Das ist toll, lässt Stephan am Leben teilhaben und gibt uns allen das Gefühl, nicht vergessen zu sein – auch ohne Stephans tägliche Präsenz im Büro oder einen festen Ort für meine Präsenz...

Dadurch dass Vetter Roland vom IT-Spezialisten zum Familienpfleger mutiert, war ich sogar öfter mal aushäusig unterwegs - zweimal Kino in einer Woche ist wirklich Luxus. Beides spannende Filme, wobei ich „Lincoln“ zwar textlastiger, aber leichter verdaulich fand als „Geschmack nach Rost und Knochen“...(heftige Bilder eines tollen Films –  ich hatte allerdings viele Parallelfilme im Kopf, wie immer...aber da konnte der Film nichts dafür. Florian, das Kopf-Geraderücken hat noch nicht funktioniert...aber ich arbeite dran...!)
Gutes Essen ist gutes Für-sich-sorgen. Kultur ist seelisches Futter, immerhin. Der Rest ist Durchhalten und „Liebe“ (Wer hat den Film noch nicht gesehen?).
Und morgen kommt die wunderbare Heidi, weil der Mali-Konflikt ihre Reise in die West-Sahara verschoben hat (und Roland führt mich aus zum Salsaabend ins Mambodrom, oder so – Stephan hat`s erlaubt, sein kleiner Cousin, immerhin Ex-Turniertänzer, darf das...;-) Zumindest ist das geplant...!

Momentan hat Stephan zum Glück keine Schmerzen, kann ganz gut essen, mit erhöhter Dexamethason-Dosis auch wieder besser sprechen und ist einfach nur total schwach und dünn und schläft viel. Die Besucher, das Baden, Fußballgucken, Rauchen am Küchenfenster und Gewusel um sich herum genießt er trotzdem, glaub ich. Er lässt sich einfach zum Bett fahren, wenn es ihm zuviel wird.
Mir ist in den letzten Tagen bewusst geworden, dass wir 15 Jahre mit wechselnden Schulbuchverlagen (und Schoko-Schubladen) gelebt haben und die damit zusammenhängenden Themen wie selbstverständlich durch unsere Familie waberten.
Das wird mir sehr fehlen, glaube ich, wie vieles andere... Mal abgesehen von den Verlagsfreunden, die mich hoffentlich nicht vergessen, wenn Stephan bei Greta ist.
Ist schon schräg, so ein komplettes Wegbrechen der eigenen, „heilen“ Welt. Die Schollen, die man im „Rundum-sorglos-Paket“ sicher wähnte, schwanken und krachen und bersten...
Und ich wundere mich, dass ich nicht einfach abtauchen möchte, zwischen die Schollen... Eiswasser und gut.
Ich dachte kurzzeitig, ich könnte nichts mehr fühlen und würde erstarren vor Angst, aber das Leben will das nicht von mir. Greta wollte das nicht und Stephan auch nicht...Sie können die Angst vor Einsamkeit nicht verhindern, aber sie können ihre Leidenschaften, ihre Intensität, Genauigkeit, das Beharrliche, ihre Zärtlichkeit und das Weiterlebenwollen dalassen und funkensprühend in meinem vernarbten Herzen rumtanzen...
Vielleicht macht das gemeinsam mit ein paar Fellnasen, Samtpfoten und ein paar Familienmitgliedern samt zwei starken Töchtern genug Leben, um das alles zu überstehen und wieder in wärmere und festere Gefilde zu steuern?
Keine Ahnung.
Manchmal kommt es mir so vor, als wäre meine dreizehnjährige Tochter eh die coolere von uns beiden und hätte schon mehr Toughness im Leben als ich. Sicher ist das so, Gnade der Jugend.




„Danach legte sie sich ins Moos, um eine Weile auszuruhen, und hoch über ihr rauschten die Bäume. Sie guckte hinauf und lachte leise, weil es sie gab. Dann schlief sie ein. Als sie erwachte, war es schon dunkler Abend, und sie sah die Sterne über den Baumwipfeln glühen. Da begriff sie, dass die Welt noch viel mehr war, als sie geglaubt hatte. Aber es betrübte sie, dass man die Sterne nicht erreichen konnte, wie sehr man sich auch danach streckte.

Ronja Räubertochter, Astrid Lindgren



Freitag, 1. Februar 2013

Süßigkeiten horten, gute Tipps geben und Ruhe bewahren





 Januar 2012



So. Irgendwie beginnt bei mir grade wieder die Sprachlosigkeitsphase. Im Bett liegen, warten, schlafen, essen, schlafen...fühlt sich nach Rückzug an.

Aber zum Glück bin ich ja nicht alleine...
Susanne war grade zwei Tage hier und hat uns mit ihrer kraftvollen, ruhigen Krankenschwesternart und langjährigen Erfahrung super bei Wäschebergen, Windeln und Brechanfällen unterstützt. Ebenfalls wohnt Vetter Roland nun wieder hier, der für IT, Hilfestellung für aus dem Bett gefallene Männer und heute Abend für Auflauf zuständig ist – außerdem für Besuchsmanagement und Telefonate...

(Was ja total nervt, sind Behördengänge und Briefe von der Rentenversicherung, vom Sozialamt oder sonstiger bürokratischer SCHEIß – T`schuldigung – aber das dauert alles viel zu lange und man braucht es nicht mehr, wenn das Amt dann mal soweit ist...KOTZ und nochmal T`schuldigung. Die meinen es ja nicht böse und es muss ja auch alles bitteschön seine Ordnung haben, aber es bringt einen überhaupt nicht weiter...klaut nur Zeit, Zeit, Zeit, die man nicht mehr hat...

Wir können nur ziemlich hilflos zusehen, wie die Krebszellen in Stephans Hirn herumwüten...aber wir versuchen, auf mannigfaltigen Hilfskanälen doch noch Therapieansätze gegen das fiese Kroppzeug zu finden.
Gleichzeitig ist Stephan gar nicht transportfähig, fängt an, unverständlich zu sprechen und Dinge zu fabulieren. Er kann kaum noch alleine sitzen und kaut stundenlang an Ei und Brot und Kaffee herum...ansonsten Schlafen. Vielleicht aber starten die Heidelberger ja eine kompetente, erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Leipzigern...Die Hoffnung stirbt zuletzt...

Clara hustet seit zwei Tagen, ist ziemlich schweigsam und heute morgen verheult zu Hause geblieben. Ihre große Schwester besucht mit ihrer Konfirmandentruppe Luther in Wittenberg...also fehlt momentan auch noch eine wichtige „Trösterin“. Und Janni, die immerhin mit im Bett lag, hat vorhin auch eher „genervt“...Nun werden Bücher im baldigen Wohnzimmer sortiert, weil keiner der wenigen vorhandenen Erwachsenen Zeit hat zum „Carcassonne“-Spielen...
Immerhin geht es am Montag ins Elbsandsteingebirge, und Stella und Clara sind für eine Woche aus der Misere heraus.

Der komische Wetterumschwung lässt uns alle kreislaufmäßig herumwanken und wieder durch Wasser/Matschlachen stolpern – bei den Pferden gab es gestern gestürmtes Heu und Stroh – fressen direkt aus der Luft ins Maul...das gibt`s auch (zum Glück) nicht so häufig...! Bei dem Wetter hatte nichtmal ich Lust, mich aufs panierte Pferd zu setzen.

Und Greta fehlt immernoch.