Nun sind wir also zu dritt.
Schneegestöber. Clara ist in der Schule, Stella nicht. Sie hustet und
rotzt und ist grippig. Freitag war sie wegen eines Sterbefalles
entschuldigt („Stellas Vater ist gestorben.“ Stille in der Leitung.
„Sind Sie noch dran?“ „...Ja, ja...ist es der leibliche Vater...? Wegen
der Unterlagen und Telefonnummern, dann kann ich das hier gleich
eintragen...“), heute ist sie einfach krank. Roland bleibt noch ein paar
Tage, entfernt Trojaner von Stellas Rechner und macht sich sonst
nützlich.
Stephan ist bis Samstagmittag hier geblieben. Eine Nacht konnte ich
daneben schlafen, in der zweiten habe ich mich zu meiner Freundin
Annabell ins Nachbarzimmer verkrümelt. Das fühlte sich an wie in alten
Freundinnenzeiten, wo man beieinander übernachtet und bis spät in die
Nacht gerabelt hat.
Ich kann gut schlafen zum Glück, wie ein Stein. Was für ein
Geschenk...!!
Es war wunderschön mit all den Blumen und Kerzen bei Stephan. Und es gab
den guten Bäckerei-"Schlett"-Kuchen, den Barbara und Josef besorgt
hatten und die leckeren Pflaumentaschen von Heide, bei der ich dringend
einen Koch- und Backkurs machen muss;-)
Ganz viele tolle Menschen um uns, auch in Gedanken – das ist spürbar...
Und: Der Kater!
Benni hat bis Samstag fast nur auf Stephans Bett zwischen seinen Beinen
gelegen... Da sage nochmal einer, Katzen würden „ihre“ Menschen nur nach
Dosenöffnerqualitäten beurteilen--! Ben ist jedenfalls richtig treu und
anhänglich und hat die Totenwache länger ausgehalten als wir alle.
Clara holt sich ihre Informationen Stück für Stück und fragt immer mal,
wie alles so gemacht wird. Sie hat auch zugeschaut, als die Bestatter
Stephan abgeholt haben.
Stella hält sich dagegen etwas fern und meinte, sie möchte Papa lieber
so in Erinnerung behalten, wie er war.
Das geht sicher einigen von uns so.
Trotzdem war das langsame, lange Abschiednehmen und "Begreifen" des
starren, kalten Körpers in diesem Fall auch hilfreich, aber gerade die
Kinder müssen ihren eigenen Umgang damit finden.
Ich war sehr gerührt
von Herrn Wolffs Worten über Stella – die „mit Interesse und Wachheit"
den Konfirmandenunterricht besucht und "dabei Ernsthaftigkeit und Freude
ausstrahlt". Bei allem Medienüberfluss und allen Verlockungen unserer
verrückten Welt, finde ich, sind das sehr schöne Eigenschaften.
Ich muss immer wieder an das tolle, traurige Buch „Die Bücherdiebin“ von
Markus Zusak denken, das aus der Sicht des Todes geschrieben ist und
dessen Handlung in der Nazizeit und während des Zweiten Weltkrieges stattfindet...ich habe es verliehen, aber ich würde grad gerne ein paar Stellen darin nochmal lesen. Überhaupt Bücher...ich stand am Samstag lange vor Stephans Bücherregalen und habe überlegt, welches "Lieblingsbuch" ich ihm "mitgeben" könnte - mein Gott, ich wusste nichtmal, welches sein liebstes war und einige würde ich inzwischen selber gerne mal lesen (Tacitus, Livius, Thukydides u.u.u.) und wollte nicht, dass sie im Sarg verbrannt werden. Auch Manns "Josef und seine Brüder" mochte ich nicht opfern. Schließlich fiel die Wahl auf Homers Odyssee und die Ilias. Soll ja auch ein bisschen vorhalten...aber ich hoffe, im Himmel gibt es eh eine Riesenbibo.
Stephans Tippen auf der Computertastatur wird mir fehlen...aber das war mir schon im Sommer´11 klar, als ich bei Greta im Isozimmer im Halbschlaf vor mich hindämmerte und im Vorraum das Schreibklickern Dr. Fischers gehört habe, der Gretas Medikamente und Werte gecheckt, geändert, dokumentiert und einfach viel geklickert hat. Jedenfalls ist mir das da schon klar geworden. Als Stella noch ein Baby war, hat Stephan schon frühmorgens an irgendetwas gearbeitet, in Bamberg am schönen Abtsberg...und am Fenster gegenüber in der Voßstraße, Christine, weißt du noch?
Ich telefoniere heute mit unserem Bestattungsinstitut und wir werden
über die Terminplanung für die Trauerfeier und Beisetzung sprechen. Die
Urnen von Greta und Stephan können nun gemeinsam beigesetzt werden.
Makaber und tröstlich zugleich.
Bitte hier keine Kränze oder Ähnliches.
Gerne
Frühlingsblumen aller Art, ansonsten werden wir eine Stiftung oder
einen Fond einrichten, der einem sinnvollen Zweck gewidmet sein wird.
Gretas Baum kommt natürlich trotzdem ins Rosental...das ist ja
unabhängig von dem Bestattungsort...Termine usw. für die, die kommen
möchten, gebe ich noch bekannt.
Höchstwahrscheinlich wird es der 22.3.13, 14 Uhr, Lindenauer Friedhof.
Und jetzt stelle ich mir
einfach vor, dass Stephan auf einer wichtigen, längeren Geschäftsreise ist, mache mir eine Wärmflasche, wünsche euch
eine ruhige Nacht und morgen einen erquicklichen Tag.
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12 Kommentare:
Kraft zum Weinen und Durchhalten unbekannterweise. Und Freunde, die dich in allen Stimmungen "ertragen", dass wünsche ich Dir.
Und er sah Herrn Herrndorf soooo ähnlich.
susa
Ich verneige mich vor soviel Kraft und Liebe und schicke viele gute Gedanken. - Angela
im september habe ich hier durch zufall eure geschichte gelesen. 2 tage vorher war greta gestorben. gestern wollte ich nach euch schauen, wie es euch geht... da war stephan nur wenige tage tot. es ist unbeschreiblich, was ihr für kraft habt, wir ihr euch kraft gebt. ich bin tief beeindruckt. mein mann bekam vor 1 jahr die krabsdiagnose. zur zeit ist er zur bestrahlung im leipziger st. georg. wie wichtig freunde und familie in der zeit sind, weiß ich nur zu genau. ich wünsche euch von ganzen herzen, dass ihr euren mut niemals verliert und ihr so tolle menschen bleibt! alles alles gute von andrea
liebe familie schmal,
ich wünsche euch viel kraft für die zeit nach greta und stephan, dass ihr viele gute freunde habt, die euch tragen und dass ihr kraft daran findet, dass 2 engel auf euch schauen. ana
Liebe Schmals,
als ich vergangene Woche mit Lotti zum tanzen radelte fragte sie mich plötzlich „Mama, was würdest du sehen, wenn du in den Spiegel NERHEGEB schaust“… , nachdem ich brav eine Antwort gab erwiderte sie „und ich würde mich mit meiner Familie und mit allen meinen Freunden sehen UND mit Greta natürlich“
Trotz der ersten Frühlingswärme schauerte es mich – es ist für mich immer wieder unglaublich wie sehr Greta zu Lottis Leben dazu gehört, als erste neue kleine Freundin in der neuen Heimat vor mehr als 5 Jahren. Ich nutzte die Gelegenheit davon zu berichten, dass Stephan wohl bald seine Reise zu Greta antreten wird, keine Ahnung, dass er zu diesem Zeitpunkt schon im Aufbruch war.
Lotti erinnerte sich sofort daran, wie Stephan im Hof Fußball spielte und lecker kochte, sie sprudelte nur so vor Erinnerungen an die gemeinsame Zeit in der Feuerbachstraße. Es ist schön, dass Sie ihn so in Erinnerung behält und ich kann Stella sehr gut verstehen diese Bilder auch ganz fest zu halten.
Wir sind ganz sehr bei euch – immer!
Katharina & Mädels
www.vierminusdrei.com - vielleicht tröstet es euch ein wenig - ich kann euch nur kraft und liebe wünschen, dieses schicksal wie Barbara Pachl Eberhart zu tragen - mein tiefstes Beileid
Ich bin über einen anderen Blog auf Ihren Blog gestoßen!
Und lese mit Ergriffenheit mich hier in denletzten Tagen durch Ihre Einträge!
Ich ziehe meinen Hut vor Ihnen und Ihrer Familie!
Viel Kraft ! Eine allzeit Sie tragende Liebe -
mit viel Hochachtung Luitgard
Durch Zufall hier gelandet, binnen weniger Tage den ganzen Blog nachgelesen, tief ergriffen, tief bestürzt, tief bewegt, tief beeindruckt ... ohne Worte und doch möchte ich einen Kommentar hinterlassen und unbekannterweise aufrichtige Grüße senden und Kraft wünschen.
Alles wird besser ... Herzlichst, Ulrike.
Ich lese hier seit Sommer 2012 mit. Es ist unglaublich, was ihr durchgemacht habt und durchmachen müsst. Wie alle anderen hier bin ich tief beeindruckt von der Kraft und der Liebe die ihr ausstrahlt.
Ich bin in Gedanken bei euch.
Laura
seit wenigen wochen verfolge ich eure geschichte, tauche in das thema, fühle mit - und nun stehen wir am selben tag auf verschiedenen friedhöfen, unter demselben himmel, um unsere lieben zu verabschieden - mein vater starb unerwartet, aber nach einem doch irgendwie erfüllten leben am vergangenen freitag.
alles gute und soviel kraft wünsche ich euch! ich denke an euch.
seit vielen Jahren arbeite ich als Krankenschwester mit und bei Schwerstkranken/Sterbenden, im Spital und bei den Menschen zu Hause. Ich bin einfach tief berührt von soviel "normalem"Umgang mit Sterben und Tod, wie ich es hier lese. Ich verneige mich sehr tief vor Dir, liebe fremde Frau, Mutter und Ehefrau, und bin froh über Dein stabiles soziales Netz. Ich wünsche Euch Dreien viel Licht-und Liebevolles. Herzlich und irgendwie verbunden, Nina Aus der Schweiz
Liebe Familie Schmal..
nun lese ich seid ein paar Tagen Euer Block und bin traurig,erschüttert
und zu tiefst beeindruckt.
Meine beste Freundin ist an Krebs gestorben, und ich ein Feigling was
den Tod anging.Ihr langsames Sterben dauerte fast 6 Jahre..mit allen höhen und
tiefen..Das letzte Jahr verlebte sie mehr oder weniger sitzend auf dem Sofa.Ich habe sie
selten besucht..wir haben jeden Tag telefoniert.. lange.. stundenlang, aber dann war sie die
Freundin die ich in Gedanken hatte...bei Besuchen sah ich den Tod und das machte mir Angst.
Ich habe mit ihr viel darüber gesprochen ..sie konnte mich verstehen..es machte sie bestimmt
traurig..das weiss ich heute..Einmal sagte sie..Entschuldige.. das ich Krebs habe und dir
Angst mache....
Am Abend vor ihrem Tod war ich bei ihr..kurz... weil ich was abholen musste..
Sie war sehr müde und atmete sehr schnell..sass aber auf dem Sofa wie immer und rauchte sogar
noch eine mit mir..als ich ging sagte sie...tschüss wir telefonieren morgen..nur ein paar Stunden
später kam sie ins Krankenhaus und starb..
und nun sitze ich hier und bin zu tiefst beeindruckt von der Kraft die ihr ausstrahlt...
Meine Gedanken sind bei euch..
Britta
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