Solange Greta schläft, ist der Betreuungsjob auf der Intensivstation vergleichsweise unanstrengend. Die Schwestern auf der ITS sind so gut, dass sie sogar ein Bett beziehen können, während der Patient noch drin liegt. Heute hätte ich beinahe meinen Dienst-Laptop mitgenommen, habe dann aber doch Abstand davon genommen, weil es dem Personal für mangelnde Motivation gelten könnte, wenn man seine Aufmerksamkeit derart teilt. Das war auch ganz gut so, denn heute wurde die Betreuung stärker gefordert. Gretas Beatmung sollte beendet werden, dazu mussten die Narkotika abgesetzt werden. Und weil die Kleine dadurch zumindest halb wach wurde, fing sie sofort an, ihrem bekannten Bewegungsdrang nachzugeben und musste gebremst werden. Schließlich hat sie sich aber doch keinen Schlauch herausgezogen, nur die Fremdbeatmung wurde ausgesetzt. Drin bleiben die Thorax- und Bauch-Drainagen. Es wird noch ein paar Tage dauern, bis sie nach unten in die KiK 4 verlegt wird.
Am Nachmittag bei Steffi hat sie angefangen zu sprechen („will zu dir“; „will was trinken“). Bei mir war sie noch weitestgehend stumm. Ich saß so an ihrem Bett und dachte mir, es ist doch nicht richtig, wenn man sich immer nur ruhige und liebe Kinder wünscht.
Gestern haben sie eine Röntgen-Aufnahme von Gretas Thorax gemacht. Herein kam die Röntgen-Schwester mit einem fahrbaren Gerät von Größe und Form eines kleinen Gabelstaplers. Nach zehn Minuten war sie fertig und wieder draußen. Das ist eindeutig praktischer als die weiten Wege von früher. Wer erinnert sich nicht mit sanftem Grausen an die Katakomben kilometerlanger Gänge der großen alten Stadtkliniken, die unterirdisch die Häuser verbunden haben und auf denen die Kranken weite Wege zurückgelegt haben und manchmal auch stehen gelassen wurden?
Immerhin ist es ja schon gut, wenn alle Stationen mehr oder weniger an einem Ort sind. In Leipzig ist das noch nicht lange so. Die Älteren aus der Belegschaft erzählen davon, wie die Kinder in jener Straße operiert wurden, dann auf die Bettenstation am anderen Ende der Stadt gekommen sind und zum Röntgen an einen dritten Ort gekarrt wurden. Manchmal standen die Eltern im einen Klinikteil und fanden ihr Kind nicht. Zu jenen Zeiten waren diese Eltern in der Regel nicht mit dem eigenen Auto unterwegs. Also mit dem Bus ans andere Ende der Stadt, wenn denn einer fuhr. Es gibt doch einen Fortschritt.
Die Großen waren mit Papa zweimal im Zoo, anlässlich des 130. Geburtstags war da besonders viel los. Beide sind auf einem altmodischen Hochrad gefahren, haben Zuckerwatte probiert, Turner und Zauberer bewundert. Tiere sind inzwischen weniger wichtig.
Montag, 12. Mai 2008
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1 Kommentar:
Lieber Stefan,
mit dem Titel "Glückwunsch Köln" habe ich das nicht ganz verstanden. Vielleicht bleibt Köln in der ersten Bundesliga. Ich weiß nur grob von der französischen 1. Division, es ist immer noch nicht klar, wer Meister wird. So gesehen ist es in Frankreich spannender als in Deutschland ;-)
Es ist unglaublich, was die Kleine noch mitmachen muss, bis sie wieder frei durch die Gänge der Klinik losrennen kann. Aber es geht ihr angesichts der Umstände sehr gut und das ist das Wichtigste. Ich freue mich dann schon auf Deine Nachrichten.
Schön, dass Ihr auch vom schönen Wetter profitiert habt. Es war auch hier in München wunderschön und man konnte dank der Sonne viel Kraft tanken.
Das mit dem Wunsch nach einem ruhigen Kind kann ich schon nachvollziehen, auch wenn meines schon relativ brav und vernünftig ist. Ich habe nur eins (bald 12) und wenn es Streit oder Auseinandersetzung gibt, ist es eher zwischen Mutter und Sohn: z. B. konnte er letzten Samstag nicht verstehen, dass ich Strumpfhosen für mich kaufe und nicht das ersehnte Fußball-Playstationspiel für ihn. Er meinte, ich hätte schon welche sowieso. Außerdem hätte ich mehr Geld ausgegeben (über 30 Euro: er hat wohl gerechnet 5 x 6 Euro) als für das Spiel (knapp 20 Euro), was nicht stimmte, die Strumpfhosen waren billiger als er dachte. Aber das war sowieso nicht der Punkt. Es kam nämlich noch der "Oberhammer": Du brauchst so was nicht. Früher hatten die Frauen so was nicht und sie konnten gut leben. Bei dieser Bemerkung war ich wirklich empört (denn bei mir gab es sofort der Kurzschluss: das was er sagte, hieß es, früher waren die Frauen besser, sie konnten verzichten oder waren nicht so fordernd oder brauchten keine nutzlosen Dinge). Ich spürte feministische Gedanken in mir sprudeln und das war auf einmal schwierig, ihm rational zu erklären, was hinter meiner Entscheidung steckte: dass es nämlich nicht um die gekauften Objekte ging, sondern um deren Gewichtung. Ich habe es ihm nicht klar genug gemacht, denke ich. In dieser Episode steckt außerdem einiges mehr und es ist eine gute Aufgabe für mich, noch einmal mit ihm darüber zu sprechen.
Komisch wird es einem, wenn das Kind plötzlich anders wird, weil krank oder betrübt. Und da verstehe ich Dich wohl, dass man lebendige, temperamentvolle, offene Kinder lieber hat, die etwas wollen und fordern, auch wenn es in dem Moment anstrengend sein kann. Die Strumpfhose-Episode möchte ich doch jetzt nicht mehr vermissen.
Viele liebe Grüße von Marie-Brigitte
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