Sonntag, 6. September 2009

Bunter Spätsommer

Greta ist seit Mittwoch wieder stationär in der Klinik (Leipzig), zur Sicherheitsverwahrung wegen schlechter Blutwerte. Die Stimmung war angenehm am Wochenende, das Kind guter Dinge, ohne allerletzten Übermut. Bei mir war im Maumau der Wurm drin, ich verlor alle drei Zehnerpartien. Greta lernt Zahlen am LÜK-Kasten (Gruß an die Konkurrenz) und wirft sich neuerdings die Pillen ein wie ein Alter. Als Patientin ist sie eindeutig handlicher geworden. Steffi war ziemlich genervt von der Woche, hatte gehofft, dass die Tochter noch länger Heimaturlaub bekommt. Immerhin kam sie Donnerstag Nachmittag zu den Pferden, denn Katja, unser Kindermädchen, ist inzwischen mit Greta so vertraut, dass sie auch einmal den Klinikdienst übernehmen konnte. Das eröffnet gewisse Spielräume.
Wir haben einen Terminplan für Jena. Der sieht die Voruntersuchungen ab 14.09. vor und am 21.09. die Konditionierung, d.h. die ultimative Intensiv-Chemo, welche hoffentlich alle restlichen Tumorzellen totmacht und das marode Knochenmark gleich mit. Am 28. soll dann die Transplantation erfolgen („Stunde null“). Nachdem zwischenzeitlich der zweitbeste Spender favorisiert worden war, soll es nun doch der Ami werden. Bedingung ist, dass Greta sich keine Infektion holt und sich in gutem Allgemeinzustand befindet, beides ist momentan gegeben. Daumendrücken!
Am Freitag war Schulfest. Ich war bei feuchtem Wetter um halb fünf da und fand meine großen Töchter nicht. Das klärte sich eine Dreiviertelstunde später. Obwohl sie beide die Erlaubnis haben, alleine vom Schulhort nachhause zu gehen, waren sie im Hort gehalten worden, weil sie angeblich genau dort mit mir verabredet waren (waren sie tatsächlich). Deshalb wurden sie nicht zum Schulfest hinunter in den Hof geschickt, muss ja alles seine Ordnung haben. Um Sechs waren Grill und Budenzauber in vollem Gange, es regnete leicht, was der guten Laune keinen Abbruch tat. Die Polizei – wir haben Humor, wir haben nach Berlin die höchste Polizeidichte – fuhr in einem grün-weißen Trabant-Cabrio vor. Um sieben regnete es Bindfäden, die Lehrer sangen und die Kinder tanzten auf offener Bühne. Die Eltern waren begeistert und hielten jede Regung der kleinen Stars digital fest. Rangeleien zwischen Kameraleuten und Schirmträgern. Um Acht goss es aus Kübeln, der Grill war ersoffen, das Polizei-Cabrio auch, die Besucher ergriffen die Flucht. Nur die Lehrer sangen und tanzten immer noch, was mir einmal mehr großen Respekt vor diesem Berufsstand abnötigte.
Stella hat die erste Vier in Mathe eingefahren, Clara große Schreibmängel bescheinigt bekommen. Auch die Nebenschauplätze verlangen volle Aufmerksamkeit, Schlampereien werden bestraft. Gestern wurde unser Zweitfahrrad geklaut, weil ich dachte, einen Tag kann man es ohne Schloss vor die Klinik stellen. Hat jemand ein halbwegs gutes Erwachsenen-Fahrrad zu verkaufen?
Am Sonntagabend dann die Höchststrafe für Papa. Besuch stand vor der Tür, und vier schreiende Mädchen wollten zur „Kleinmesse“. Ich habe noch nie verstanden, was diese katholisch-bayerisch-rheinisch-westliche Institution eigentlich in Sachsen verloren hat – und die Leipziger wissen es anscheinend auch nicht. Wenn es etwas noch trostloseres gibt als den Wintersportort Kühtai im Hochsommer, dann ist es die Leipziger Kleinmesse an ihrem letzten Tag. Ballermannmusik allenthalben, und niemand mehr da. Die Grillfrau kratzt die letzten Pommes zusammen, um unsere Kinder glücklich zu machen. Die Achterbahn sah original aus wie die Bahnstrecke zwischen Wernigerode und Vienenburg. Ich hab fast gekotzt, aber die Damen hatten ihren Spaß.

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Zwei ganz schön konträre Programme, die ihr da durchlebt. Ja ich hoffe, bei Greta läuft jetzt alles nach "Fahrplan". Gebt Bescheid, wann Unterstützung angesagt ist.
Liebe Grüße
Doris