Am 07.06. sind Wahlen zum Leipziger Stadtparlament. Um was es in dieser Stadt geht, weiß niemand von uns, und dass wir den Namen vom Bürgermeister kennen, ist eher Zufall.
Die Wahlwerbung ist unterirdisch. Die Rechten wollen Ausländer raus und zurück zur D-Mark. Ob den Wählern klar ist, dass ein Weizen selbst in Leipzig inzwischen sieben Mark kostet? Die SPD will „Zusammen wachsen“, ein hübscher Slogan, der trefflich passt – auf das Berlin des ersten Nachwende-Jahrzehnts, wo er auch herstammt. So kann man Werbemittel sparen.
Noch bescheidener ist die FDP. „Parkplätze statt Knöllchen“ – abgesehen vom rheinischen Ursprung der kleinen Knolle: Sind denen noch nicht die leeren Straßenzüge in Leipzig aufgefallen? Oder: „Mittelstand statt VEB“. Wieder so ein Wessi-Wort. Ich bin nicht sicher, dass eine Mehrheit der real existierenden Leipziger „Mittelstand“ von „Mittelschicht“ unterscheiden kann. Und VEB schreckt nun wirklich niemanden mehr. So erreicht die FDP nicht mal ihre Fast Drei Prozent. Die CDU will Strom und Straßenbahn bezahlbar machen, da kann man sich wenigstens was drunter vorstellen. Aber wirklich professionell wirbt nur die Linke.
An Christi Himmelfahrt war ich mit den Mädels auf der Kirmes, die hier „Kleinmesse“ heißt, übrigens zu Recht. Trotzdem ist auch die Leipziger Kirmes von jenen Elementen getragen, die sich erstaunlicherweise in den letzten fünfzig Jahren nicht geändert haben. Zuckerwatte, dröhnende Schlager, Geisterbahn, Achterbahn, Lotterie mit Plüsch-Tieren, viele tätowierte Menschen. Das Kettenkarussel ist allerdings nicht mehr dasselbe wie jenes, auf dem ein Urahn der Familie die Urahnin gefragt hat: „Darf isch Ihnen mal andeu’n, Frollein?“ und damit einen folgenschweren Kontakt angebahnt hat. Mir war hinterher schlecht, und ich war froh, dass Greta, die gleich ihre Sandale verlor, alles mit Humor betrachtete. Die gute Laune hielt freilich nicht an. Als zahlender Vater hat man auf der Kirmes immer den Schwarzen Peter. Du bist in einer Stunde dreißig Euro los, trotzdem maulen die Kinder, weil du zwei von drei Wünschen nicht erfüllst. Und am Ende hauen sie sich um die billigen Trostpreise.
Samstag, 23. Mai 2009
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1 Kommentar:
Daß die politische Kultur verfallen ist, ist nicht gerade Leipzigspezifisch. Ich finde z.B. wenig Sinn darin, daß die SPD hier damit wirbt, daß Finanzhaie FDP werden würden. Witziges Poster, groß FDP geschrieben, irgendwo ganz klein FDP. Weshalb sollte ich SPD wählen??? Ich tendier im Moment zur Tierschutzpartei. Oder ich werd tatsächlich noch Nichtwählerin. Wenn mir das jemand vor 20 Jahren prophezeit hätte. Da ist es doch schön, daß so Dinge wie Kirmes und Fußball auch in unserem Medienzeitalter noch Spaß machen können.
Ich wünsch euch eine gute Zeit.
Liebe Grüße
Doris
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