Mittwoch, 31. Dezember 2008

Frohes Neues Jahr!


Der Weiher im Rosental ist zugefroren. Das ist eine Attraktion fürs Viertel. Wir haben die neuen Hockey-Schläger von Clara ausprobiert, bis Stella heftig auf die Knie fiel. Clara wachte heute mit schmerzendem Ellbogen auf. Montag und Dienstag waren Greta und Steffi halbe Tage in der Klinik. Das schlechte Blutbild machte eine Infusion von Thrombozyten notwendig, was aber nicht weiter beunruhigend ist. Freitag muss sie wieder hin. Die Stimmung ist gut. Greta hat ein Zelt geschenkt bekommen, was nun ihren absoluten Lebensmittelpunkt darstellt.
Vetter Roland war zu Besuch und hat aufgedeckt, dass wir immer noch die Telekom-Grundgebühr für Braunschweig zahlen. Dafür geht unser Anrufbeantworter jetzt wieder (sorry!!). Gestern Abend kam dann weiterer Besuch, und es wurde richtig gesellig. In der Nacht habe ich an der ersten Video-Konferenz meines Lebens teilgenommen. Heute geht das so weiter. Die Kinder (und Erwachsenen) haben ihre Freude an dem offenen Haus. Silvester wird 300 m weg in kleinerem Kreis bei Freunden stattfinden, Mitternacht werden wir alle am Liviaplatz stehen und die Luft mit Pulverdampf schwängern.
Puuh, Leute, das war ein verdammt hartes Jahr! Aber wir können zufrieden sein damit, dass es Greta im Moment gut geht und dass wir alle durchgehalten haben – dank eurer phantastischen Unterstützung in physischer und mentaler Hinsicht. Jetzt sind wir sogar alle etwas ausgeruht und können hoffen, dass 2009 ein besseres Jahr wird. Es könnte auch das absolute Katastrophenjahr werden, in dem mit und durch Greta alle Festen unserer Existenz dahinpurzeln wie die Dominosteine. Man darf gespannt sein.
Gut an 2009 wird auf jeden Fall, dass wir 36 Euro mehr Kindergeld im Monat bekommen. Die werden wir gut anlegen – in Haushaltshilfe und Mathe-Nachhilfe für Stella. Leider sind uns in diesem Jahr sämtliche Dienstleisterinnen weggelaufen. Es muss doch ein harter Job sein in dieser Familie. Für nächstes Jahr brauchen wir neue Kräfte.
Immerhin sind wir ordentlicher geworden, seit gestern steht ein Ikea-Schrank in Zimmer Fünf. Diesmal haben wir uns Transport und Aufbau gegönnt. Zwei Herren haben für das Riesending knapp anderthalb Stunden gebraucht. Ich wage kaum darüber nachzudenken, wie viele Tage ich mich und Zimmer Fünf damit blockiert hätte. Man muss seine Kräfte bündeln.

Samstag, 27. Dezember 2008

Weihnachten vorbei

Der Heilige Abend war wirklich deutlich besser als letztes Jahr, nicht nur wegen des Naturbaumes, der dann doch eine gute Figur gemacht hat. Eine vollständige Familie ist schon viel wert. Die obligatorische Gesangseinlage vor der Bescherung hat Greta wenig interessiert. Sie hörte sich das lang ausgestreckt auf dem Teppich liegend an. Die ganze Familie liegt und schläft viel. Die Kinder können den ganzen Vormittag im Bett verbringen, die Strafe für die Eltern erfolgt dann abends nach zehn.
Ich glaube ja, dass ein normaler Arbeits- und Schulrhythmus dem Menschen insgesamt gut tut, aber ich bin auch schon spürbar frischer und ausgeschlafener. Von den Besorgungen und Erledigungen ist nur ein kleiner Teil geschafft, die meisten geplanten Anrufe haben nicht stattgefunden. Eigentlich wie jedes Jahr.
Unter anderem habe ich ein Fachbuch geschenkt bekommen, „Das sprachlose Kind“ von 2008. Der berühmte Onkologe weist mir nach, dass meine Haltung zu Todesgesprächen mit Greta ungefähr in der Generation Freud verankert ist, spätestens seit den Siebzigerjahren heftig umstritten ist und in der Gegenwart auch in Medizinerkreisen mehrheitlich gegenteilig beurteilt wird, weil man nachweisen konnte, dass auch Fünfjährige schon differenzierte Vorstellungen von Leben und Tod haben – und dass sie von Klinik und Krankheit ohnehin viel mehr mitbekommen, als man denkt. Also müsse man ihnen auch reinen Wein einschenken. Die Beispiel-Kinder in dem Buch sind allerdings fast alle deutlich älter als Greta, insofern bin ich noch nicht so überzeugt und würde es einstweilen eher mit den Brüdern Löwenherz halten, wo dem kleinen Karl das Sterben durch eine wunderbare Geschichte aus der kommenden Welt erleichtert wird. Aber vielleicht sind wir ja nächstes Weihnachten immer noch zu fünft.

Dienstag, 23. Dezember 2008

Frohe Weihnachten allerseits!

Die Feiertage können kommen. Ab heute Nachmittag sind Oma Gisela und Opa Jo zu Besuch. Wir haben zwar immer noch keinen neuen Geschirrspüler, dafür aber einen Weihnachtsbaum, der so lange stolz seinen Platz am Verkaufsstand gehalten hat, bis ich ihn gestern erlöst habe. Er hat noch fast alle Nadeln, und man kann ihn so drehen, dass die Löcher im Fell alle nach hinten zeigen. Der Baum war sehr preiswert.
Stella hat am Samstag ihren neunten Geburtstag nachgefeiert, im Bastelstudio in der Wettiner Straße, wo die Kinder ohnehin ein und aus gehen. Greta muss heute noch einmal zur Blutbildkontrolle in die Klinik und wird dann hoffentlich wieder nachhause geschickt. Die MIBG-Szintigraphie ist auf den 07.01. angesetzt, zwei Tage vor dem MRT. Es gibt keine besonderen Gründe dafür, optimistisch zu sein. Schlingensief geht es auch nicht gut. Und Chemie hat ihr letztes Spiel zuhause 0 zu 4 verloren. Immerhin werden die Tage jetzt wieder länger.

Freitag, 19. Dezember 2008

Blanke Nerven

Endlich Schulferien. Der größere Teil der Familie wird sich an das frühe Aufstehen nie gewöhnen können. Stella hatte gestern Abend einen Koller. Ich bin zu dick. Ich kann kein Mathe. Ihr nörgelt an meinen Zähnen herum. Ihr nörgelt an meinem Gang herum. Warum ist Greta immer noch krank. Warum darf ich in der Schule nicht neben meiner Freundin sitzen. Es gibt gerade ziemlich viele Familienmitglieder, die sich in ihrer Haut nicht wohl fühlen.
Greta und Steffi waren heute in der Ambulanz. Gretas Blutbild ist hart an der Grenze zur Verwahrungshaft, und Osteoporose hat sie. Alte Marathonläufer haben das bekanntlich auch. Wäre nur dumm, wenn Greta sich jetzt Komplikationen durch einen Bruch holen würde. Sie ist launisch wie selten. Zehn Wutanfälle am Tag, viel Bettruhe, sehr schmusige Phasen, alles in raschem Wechsel. Clara war heute nach sechs vollen Bett-Tagen teilweise wieder in der Wohnung unterwegs. Bauchweh hat sie aber immer noch. Wahrscheinlich werden jetzt alle immer nervöser bis zum 09.01., auf den das nächste MRT terminiert ist.

Sonntag, 14. Dezember 2008

Halbe Familie krank

Greta hat ein neues Mittel gefunden, auf sich aufmerksam zu machen: Türenschlagen. Das geht so: Wut über irgendeine vermeintliche Benachteiligung in der Küche – Wumm – Küchentür zu, Anklagerede in der Diele – Wumm – Kinderzimmertür zu. Wenn sie gut drauf ist, macht sie das jetzt dreimal in der Stunde. Nun weiß jeder, der einmal versucht hat, zuhause geistig zu arbeiten, dass dies eine sehr abscheuliche Angewohnheit ist. Im Zauerberg ist alles Nötige dazu gesagt worden. Wenn es aber das eigene niedliche kranke Kind ist, dann würdigt man plötzlich dessen Lebenslust. Eltern sind Masochisten.
Wir haben hier ein Lazarett. Clara ist bettlägerig. Ich habe pünktlich zum Urlaubsbeginn die oberübelste Grippe seit Leipzig/Einundleipzig gezogen und vegetiere unterhalb der Leseschwelle im Bett herum. Zum Glück sind die Schwiegereltern da. Freund Andreas war auch da. Und so hat sich der gesunde Teil der Familie auch nicht davon abhalten lassen, gestern Nacht kräftig feiern zu gehen. Urlaub fühlt sich jedenfalls gut an.

Sonntag, 7. Dezember 2008

Warum guckst du so designiert?

Am 5.12. kam ich von der Arbeit nachhause. Die Kinder umsprangen mich und fragten, welche Schuhe ich denn vor die Wohnungstür stellen wolle. Ich war genervt und brummte irgendwas von „... gar keine Schuhe vor die Tür ..., sind nicht in der DDR ...“ Die Antwort: „Aber Papa, weißt du denn nicht, was für ein Datum morgen ist?“ Das überzeugte mich, und der Aufwand hat sich gelohnt. Der Nikolaus, heutzutage offenbar bestens vernetzt, brachte mir die Ehe der Maria Braun in DVD, was ein samstägliches Bildungserlebnis sicherstellte. Ein Stimmungsheber ist der Film freilich nicht.
Fröhlicher macht schon die Aussicht, dass ich noch eine Arbeitswoche habe und dann drei Wochen Urlaub. Und da ich heute einen besonders klaren und wachen Sonntag hatte, haben wir uns ehelich unterhalten und Maßnahmen beschlossen, um endlich die technische Infrastruktur des Haushalts zu verbessern. Winterreifen aufs Auto, Licht an alle Fahrräder, Steffis altes Rad zur Reparatur und was sonst noch so im Alltag liegen bleibt. Es wird einen dritten PC-Arbeitsplatz geben, so dass man in dieser Wohnung gleichzeitig bei Ebay zugange sein, althistorische Rezensionen schreiben und bei spielaffe.de unterwegs sein kann. Normale fünfköpfige West-Familien haben inzwischen sechs Rechner in ihrem W-LAN.
Clara hat uns jetzt mehrmals dadurch in Verlegenheit gebracht, dass sie in Anwesenheit von Greta gefragt hat, ob es immer noch sein kann, dass diese bald stirbt. Grundsätzlich reden wir über solche Dinge, aber nicht unbedingt mit Greta. Es ist doch die Gnade ihrer jungen Jahre, dass sie das mit dem Tod noch nicht richtig versteht, und ich finde, man muss es ihr auch nicht im Detail erklären. So kann man dann dem sterbenden Kind vielleicht bis zum Schluss die Gesundwerdung in Aussicht stellen oder es wenigstens mit Schlaf, Traum oder religiösen Metaphern beruhigen. Ich wäre opportunistisch genug, sofort einen Pfarrer hinzuzuziehen, wenn der gute Geschichten parat hat. Näher liegt die Konsultation des Psychologen, der auf der KiK 4 für solche Probleme bereit steht. Im Moment gibt es gar keinen Anlass, einen schlechten Fortgang der Dinge weiterzudenken, aber sobald die Familie etwas Zeit miteinander hat, kommen diese Themen hoch.