Sonntag, 31. August 2008

Zelltief

Greta hat die Hammer-Chemo bis Dienstag und die zwei Tage später folgende Stammzellentransplantation sehr gut überstanden. Der schwerste Teil hat allerdings gerade erst begonnen. Das Kind ist jetzt im ultimativen Zelltief, da die Produktion von Blutkörperchen zum Erliegen gekommen ist. Manche Partikel-Sorten wie Thrombozyten kann man einfach so hinzugeben. Mit den Leukozyten, den Trägern der Abwehrstoffe, geht das aber nicht. Ein normaler Mensch hat davon 4-10 gppl (= Milliarden Teile pro Liter) im Blut. Während der Chemotherapie war der Wert von 1 ständig umschwankt. Bei deutlicher Unterschreitung von 1 musste Greta in der Klinik bleiben und wurde der Sterilpflege unterworfen. Nun hat sie unter 0,1 und ist entsprechend anfällig. Dass auch am dritten Tag nach Stammzellentransplantation noch kein Fieber und keine signifikante Erhöhung des Entzündungswertes im Blut zu verzeichnen waren, kann schon als kleiner Erfolg gelten. Aber es geht Greta nicht gut. Sie ist schwach, isst nichts, hat Durchfall und Halsschmerzen, eine Morphintherapie für kommende Schmerzen wird vorbereitet.
Kein einziges Maumau an diesem Wochenende. Manchmal Vorlesen, aber meistens nur schlappes Fernsehen. Beim Zappen landeten wir schließlich bei „Immer wieder Sonntags“. Das war der Tiefpunkt. Bei der blonden Dame dachte ich ja noch, gut, die hat wenigstens zuhause geübt. Aber es war gar nicht Karaoke, sondern Stefanie Hertel. Dann kamen Andi Borg, Roger Whittaker, das volle Programm, angereichert durch niveauvolle Scherzchen („Wie nennt der Schwede das Verhüterli? – Pippi Langstrumpf“). Selbst Gotthilf Fischer lebt noch, eigentlich fehlte nur Peter Alexander. Es gab kein Entkommen, denn Greta gefiel diese Sendung überaus gut. Wahrscheinlich sind Dreijährige genau die richtige Zielgruppe.
Deutlich besser ist der Roman „Als wir träumten“ von Clemens Meyer, der mich dieses Wochenende intensiv begleitet hat. Ich weiß gar nicht mehr, wer ihn mir geschenkt hat oder geliehen (schluck!!). Vielen Dank jedenfalls.
Steffi sieht zum Glück immer noch sehr gut aus und wird wohl noch eine Weile durchhalten. Wir sehen uns im Moment zwei Viertelstunden pro Woche, bei der Übergabe in Jena. Nachdem zuhause die unverwüstlichen Schwiegereltern eine Woche die Stellung gehalten haben, ist jetzt Heidi für mindestens eine Woche bei uns. So gibt es für alle Familienmitglieder immer noch erholsame Stunden zwischendurch, z.B. eine ausgedehnte Reiterrunde von Steffi und Clara gestern und ein zeitgleicher Zoo-Besuch von Stella mit Heidi.
Trotzdem ist es jetzt wirklich hart. Die Jena-Pendelei geht deutlich über das hinaus, was wir bisher leisten mussten. Wenn wir sehr großes Glück haben, sind wir in zwei Wochen damit durch, realistischer sind drei bis vier Wochen.

Glückliches Schulkind

Clara und Franziska am ersten Schultag, 23.08.2008.

„Lemon Tree“ und „Wish you where here“

Jena ist in mancher Hinsicht ein Hort der Einkehr und der Ruhe. Andere gehen dafür ins Kloster. Das Ronald-McDonalds-Haus mit seiner schönen Ideologie von Gemeinschaft und Sorgenteilung kann aber auch ziemlich nervig sein. Da gibt es Mütter, die sind schon mit Zwanzig so dick, dass sie die nicht kleine Küche komplett blockieren, wenn sie für ihre Großfamilie den Sonntagsbraten zubereiten. Geredet wird nur über schwerkranke Kinder, was einen auch nicht weiterbringt. Als ich am Samstagabend naheliegenderweise nach den Fußballergebnissen fragte, wurde ich nur komisch angeguckt.
Dafür ist mir am Samstag die perfekte Mittagspause gelungen. Der Döner war prall und saftig, eingenommen habe ich ihn romantisch in einer Baubrache auf den zugewucherten Restmauern einer Klosterruine mitten in der Stadt. Dann fand ich einen Supermarkt, der auch nach eins noch geöffnet hatte und deckte mich mit nötigen Lebensmitteln ein (endlich Tomaten und Äpfel!), schließlich trank ich draußen noch einen Kaffee und hörte einem richtig guten Straßenbarden mit Klampfe zu. Jena ist selbst in den Semesterferien noch erstaunlich multikulturell. Heute wurde ich schon zum zweiten Mal auf englisch nach dem Weg gefragt. Als ob ich den so genau wüsste.

Sonntag, 24. August 2008

Grüße aus dem Jenseits

Greta ist auch am vierten Tag der Verabreichung schwerster Chemo-Hämmer ziemlich normal und guter Dinge. Am liebsten isst sie gerade Wiener Würstchen, denen sie erst sorgfältig die Haut abkaut, um sie dann als „Nacktschnecken“ zu bezeichnen.
Die Einschulung ihrer Schwester hat sie mit einer einschlägigen Playmobil-Figur nachvollzogen, die sie rechtzeitig geschenkt bekam. Eine Schleich-Tiger-Familie dient dazu, „König der Löwen“ nachzuspielen. Ansonsten gebührt dem Erfinder von Maumau der Nobelpreis. Greta macht das inzwischen stundenlang, und sie kann schon fast Könige von Buben unterscheiden.
Jena ist eine nette Stadt, hügelig und waldig. Der Bahnhofsname „Paradies“ ist allerdings doch etwas übertrieben. Samstag Mittag wird es schon schwierig, Lebensmittel zu bekommen. Die medizinischen Einrichtungen sind deutlich kleiner und familiärer als in Leipzig. Anscheinend sind wir auch dort gut untergebracht.
Die elterliche Betreuung übernachtet bei Ronald McDonald, einer Art Kette von Jugendherbergen an derzeit 17 Standorten größerer Kinderkliniken in Deutschland. Das Zimmer mit Großküchenbenutzung kostet konkurrenzlose 15 Euro die Nacht. Cola kommt rund um die Uhr gratis aus dem Hahn. Freie Cheeseburger und Pommes Frites gibt es allerdings nicht. Nun weiß jeder, dass McDonald’s in Wahrheit ein Wohltäter der Menschheit ist.
Samstag suchte uns ein freundlicher älterer Herr auf, der sich als pensionierter Pfarrer und Hobby-Seelsorger vorstellte. Während ich meine gute Kinderstube nicht verleugnete, war Greta ungnädig: „Halt die Klappe!“ Wir waren nun auch gerade in eine besonders spannende Maumau-Partie vertieft. Der Gottesmann sprach weiter. „Ich muss mich konzentrieren“, so Greta im O-Ton, „HÖR AUF ZU REDEN !!“ Schließlich resignierte der freundliche Herr und wünschte uns einen schönen Tag. „So bald bekommt ihr meine Tochter nicht“, hätte ich ihm fast hinterhergerufen.
Mein Urlaub ist vorbei. Es könnte sein, dass die Nachrichten demnächst spärlicher kommen. „Urlaub“ war es insoferne dann doch, als ich gut ausgeschlafen bin, ein paar Bücher gelesen und Freunde getroffen habe.

Donnerstag, 21. August 2008

Fahrrad gesucht

Danke für die vielen guten Buchtipps!
Was wir jetzt brauchen, ist ein ordentliches gebrauchtes 24-Zoll-Fahrrad für Stella, nachdem Clara das von ihrer großen Schwester übernommen hat. Stella ist acht Jahre und acht Monate alt, Länge: 1,34 m.
Mit Inlinern, zu Fuß und gelegentlicher Autobenutzung sind die Kinder zwar im Waldstraßenviertel ausreichend motorisiert, aber ein Fahrrad gehört doch einfach dazu zum Leben.

Dienstag, 19. August 2008

Doch kein Familienwochenende

Der Aufschub des Behandlungsbeginns um eine Woche beruhte auf einem Missverständnis zwischen Leipzig und Jena. Auch das kommt vor, obwohl die Kommunikation zwischen den vielen Ärzten, Abteilungen und Kliniken bisher alles in allem zufriedenstellend funktioniert hat. Claras Einschulung am Samstag wird ohne mich und die kleine Schwester stattfinden, was nicht weiter tragisch ist.
Gestern wurden alle Voruntersuchungen am Stück erledigt, heute wird Greta in die Sterilpflege verlegt, morgen bekommt sie das erste von drei Medikamenten, deren Dosis diesmal so hoch ist, dass die Bildung von Leukozyten im Knochenmark ganz zum Erliegen kommt. Nächsten Dienstag endet dieser Zyklus, zwei Tage später (28.08.) erfolgt die Transplantation der autologen (körpereigenen) Blutstammzellen, wonach normalerweise die Produktion der weißen Blutkörperchen nach ein bis zwei Wochen wieder anspringt. Bis Mitte September mindestens sind wir durchgehend in Jena.
Die Betreuungssituation wird diesmal hart sein. Mit Kittel und evtl. Mundschutz unter ständigem Zug abgesaugter Luft in einem kleinen Raum mit dem Kind, das nicht herausdarf, die Betreuungsperson ebenfalls nur zur Mittagspause.
Das obligatorische Aufklärungsgespräch mit der zuständigen Oberärztin war so, dass wir wieder einmal gemerkt haben, wie viel wir im Behandlungsalltag verdrängen. Es war die Rede von Folgeschäden: möglicher oder wahrscheinlicher Schwerhörigkeit, von Wachstumsstörungen und eingeschränkter Fruchtbarkeit. Das sind Dinge, die das Elternohr nicht erfreuen können, allein die Perspektive ist schon fast wieder verheißungsvoll. Wenn wir Greta zur Einschulung ein kleines Hörgerät kaufen dürfen, dann sind wir aus heutiger Sicht glückliche Menschen.

Sonntag, 17. August 2008

Beginn der letzten Ferienwoche

Das Wochenende war ruhig und fast erholsam. Steffi war zweimal in Pehritzsch bei den Viechern, einmal mit, einmal ohne die Kinder. Zuhause ist momentan wieder Maumau der Renner, mit bis zu fünf SpielerInnen. Clara wird eine richtig gute Zockerin, wir haben zu zweit schon Bauernskat ausprobiert. Hoffentlich ist es bei ihr nicht so wie bei ihrer Mutter, die zwar alle Spiele, auch die komplizierteren, rasch erfasst und gut ausführt, letztlich aber gar keine Lust zum Spielen hat.
Morgen früh um halb acht müssen wir noch einmal in der Nuklearmedizin zur Messung der Gammastrahlen antreten. Das Auto ist dann schon gepackt für Jena, wo wir danach gleich zu dritt hinfahren werden. Während ich in der zweiten Tageshälfte zurückkehre, werden Steffi und Greta bis Donnerstag oder Freitag in Jena bleiben. Die Behandlung fängt zwar erst in der folgenden Woche an, aber es werden vorher umfangreiche Tests gemacht, die insbesondere alle Arten von Infektionen ausschließen sollen. Am Wochenende werden die beiden jedenfalls zuhause sein, wenn wir Claras Einschulung im größeren Familienkreis begehen. Sollte das nicht klappen, wird Clara in ihrer Karriere allerdings auch nicht nachhaltig beschädigt werden. Sie ist schon ganz heiß auf die Schule.

Samstag, 16. August 2008

MIBG-Therapie überstanden

Die Klinik für Nuklearmedizin ist auf die Behandlung von krebskranken Kindern kaum eingestellt, dorthin kommen vor allem erwachsene Schilddrüsen-Patienten. Es dauerte am Dienstag zweieinhalb Stunden, bis nicht nur das Kind regulär überwiesen, sondern auch die elterliche Betreuungsperson ordnungsgemäß aufgenommen war. Die Damen an der Rezeption mussten eine Kladde hervorholen, in denen die seltenen Vorgänge vermerkt waren, und in dieser Kladde wiederum steckte ein handgeschriebener Zettel, welcher abbildete, wie unser Fall ins SAP aufzunehmen sei.
Der Rest war vergleichsweise einfach. Greta vertrug die Infusion des stark strahlenden MIBG sehr gut und musste danach bis Freitag praktisch nur unter Verschluss gehalten werden, um ihre Umwelt nicht allzu sehr zu kontaminieren. Medizinische Anwendungen oder auch nur Rücksichten gab es keine mehr, kaum dass noch Fieber gemessen wurde. Wahrscheinlich sind die Schwestern auf dieser Station wirklich froh, wenn sie mit den Patienten nicht zu oft in Kontakt kommen. Eine stellte des Nachts eine bunte Kerze an Gretas Bett, was mich angesichts des Ernstes der Lage etwas melancholisch stimmte.
Für das Beschäftigungsprogramm waren also diesmal 24 h die Eltern zuständig. Dafür stand ein Zweibett-Zimmer zur Verfügung, das mit TV, Kühlschrank und Kaffeemaschine komfortabel ausgestattet war. Das Platzangebot reichte aus, um „Cowboy“ zu spielen, das ist eine Variante von „Fangen“, abwechselnd mit Lasso (Gürtel) oder Messer (Geo-Dreieck), mit anschließender Behandlung aus dem Arztkoffer. Greta war insgesamt sehr guter Dinge.
Ein paar Mal mussten wir ins „Raumschiff“, eine Gamma-Kamera, die fast einen Raum ausfüllt und deren große Flügel bei der Spektroskopie rund um den Patienten kreisen. Die Mess-Prozedur dauerte bis zu anderthalb Stunden, in denen Greta ruhig liegen musste. Zum Glück hat sie das diesmal ohne Narkose hingekriegt, und man merkt, dass sie reifer geworden ist. Einmal kippte allerdings die Stimmung. Ich musste auf Gretas Anweisung hin die dröhnende CD ausmachen und eine Geschichte von den Dino-Kindern erzählen, um die Patientin noch eine halbe Stunde bei Laune zu halten. Aus dem Stegreif ist das eine echte Herausforderung. Ich habe schlagartig über die Grundlagen der epischen Tradition mehr gelernt als in einem Jahr schriftbasierten Studiums. Zum Beispiel weiß ich jetzt, warum diese Dichtungen großenteils aus Wie-Wörtern, Namen, Titeln, Wiederholungen und Floskeln bestehen. Wenn du auf das vergleichsweise aufnahmeschwache Ohr statt auf das lesegewohnte Auge zielst und Zeit herumbringen musst, erzählst du nicht: „Die Großeltern ermahnten die Dino-Kinder, gut aufzupassen“, sondern du formulierst ungefähr: „Die Großeltern von Littlefoot, also Oma und Opa von dem Brontosauruskind, wendeten sich dringend an ihren Enkel Littlefoot, an Cera, das kleine Triceratops-Mädchen, und an die fröhlich herumspringenden Kinder Spiky und Ducky, und die Oma von Littlefoot sagte mit ernster Stimme: Liebe Kinder, ... usw.“ So ähnlich haben das die Vorgängerinnen und Vorgänger von Homer auch gemacht.

Montag, 11. August 2008

Wechsel im Außendienst

Verehrte Kunden, liebe Freunde des Hauses,
wie Sie schon wissen, hat Frau Renate Pämpass-Bomba das Unternehmen verlassen. Sie wird sich neuen Herausforderungen in Afrika stellen. Wir danken ihr für die geleistete Arbeit und wünschen ihr viel Glück auf ihrem weiteren Lebensweg.
Um so mehr freuen wir uns, Ihnen heute Herrn Henri Galax vorstellen zu können, der ab 12. August die Interessen der Fa. Lenger & Schmal vertreten wird. Herr Galax kommt aus Bayern, hat vier Jahre Berufserfahrung, 116 Pferde im Angebot und stets für sieben Menschen gleichzeitig ein offenes Herz. Er wird für uns die Bezirke West-Sachsen, Holstein, Mittel-Niedersachsen, Oberfranken, Berlin und das Rheinland bereisen. Wir bitten Sie darum, Herrn Galax dasselbe Vertrauen entgegenzubringen wie seiner Vorgängerin.

Samstag, 9. August 2008

Aufklärungsgespräch und Krankenakte

Am Dienstag gehen wir für vier Tage in die Nuklearmedizin (Leipzig), wo Greta die MIBG-Therapie bekommt. Dort wird sie 24 Stunden am Tag von einem Elternteil betreut werden. Man muss das Personal etwas schonen, damit es nicht zu oft den Röntgenstrahlen ausgesetzt wird, die als Abfallprodukt der Betastrahlen-Behandlung unvermeidlich sind. Wenn die Eltern zwei Tage im Jahr verstrahlt werden, ist das nicht so wild. Für die Isolationshaft haben wir vorsorglich einen zweiten DVD-Player und einige neue Filme besorgt.
Das radioaktive Jodid ist nach zwei bis drei Stunden in den Krebszellen und wirkt dort ein bis zwei Tage, wird dann ausgeschieden oder zerfällt (Halbwertszeit acht Tage). Eine messbare Wirkung stellt sich allerdings erst nach drei bis vier Wochen ein.
Anlässlich der Überweisung haben wir einen ausführlichen Krankenbericht in die Hand bekommen, der Diagnosen, Therapien sowie deren Resultate genau abbildet. Sofern unsere geringen Kenntnisse ein Verständnis zulassen, gibt es keine Überraschungen. Der Erfolg der Chemotherapie war insgesamt eher mäßig. Viele Metastasen sind verschwunden, einige andere (Schädel) haben sich neu gebildet. Neben der Leber gibt es einen Tumorrest von zwei cm Durchmesser, der aktiv ist. Gut ist, dass Lunge und Lymphe nicht befallen sind, außerdem ist das Knochenmark fast krebszellenfrei. Es haben sich auch die Hinweise darauf gemehrt, dass der Tumor weit ausgereift und in der Metamorphose zum (harmlosen) Ganglioneurom begriffen war. Die Aktivität der Metastasen spricht indes eine andere Sprache. Zu Freude und Entspannung besteht vorläufig kein Anlass. Immerhin stehen einige schwere Therapieschritte aus, die hoffentlich weiteren Erfolg bringen.
Was steht noch in dem Dossier? „Erschwert wurde die Therapie zeitweise durch unkontrollierbare Wutausbrüche von Seiten Gretas, die in Ausprägung und Frequenz mit der Eingewöhnung auf Station weniger wurden und zuletzt nur noch nach Narkosen auftraten.“
Greta selbst ficht das alles wenig an. Lücken aus dem gestrigen Aufklärungsgespräch ergeben sich daraus, dass ich zwischendurch draußen war und auf dem Gang Fangen spielen musste. Verstecken ist auch hoch im Kurs. Ansonsten rennt Greta ihren großen Schwestern und deren Freundinnen hinterher. Auf Seiten der Kinder bestehen Freude und Entspannung sehr wohl.

Sonntag, 3. August 2008

Tschüss Kangoo

Gestern konnte ich in Kiel zwei Mädchen in Empfang nehmen, die gut erholt, gut genährt, braun gebrannt und froh des Lebens waren. Zum Glück haben sie sich dann aber doch gefreut, mich zu sehen und sind heute willig ins Auto gestiegen.
Ich war so ausgeschlafen wie lange nicht mehr und habe prompt bei Hamburg unseren Renault zu Schrott gefahren. Im Radio lief gerade: „Lass die Leute reden ...“ von den Ärzten. Dummer Auffahrunfall, kein Personenschaden, immerhin haben sie kurz Vollsperrung für uns gemacht. Stella und Clara waren sehr traurig, als wir uns von unserem treuen Kangoo verabschieden mussten. Nun habe ich für meinen Urlaub ein klar umrissenes Projekt: Auto kaufen.
Greta war den ganzen Tag aktiv und im Hof zu Gange, hat sich über den Besuch gefreut und natürlich über die Rückkehr ihrer Schwestern. Wunderbar: Clara und Greta gemeinsam auf dem Quad, das dann immer noch fährt.

Freitag, 1. August 2008

Fahren und Wohnen

Als ich vor dreieinhalb Jahren beschloss, mir ein vernünftiges Fahrrad zu kaufen, musste ich zwei Wochen auf die Montage warten und erstand kurzerhand für den Übergang um 170 Euro beim Kaufland ein Zweitrad. Das war eine gute Entscheidung, denn Steffi nutzt das Gerät regelmäßig, ohne dass Klagen gekommen wären. Nun ist aber der Sattel kaputt gegangen. So ein neumodischer Gel-Sattel, der richtig Sauerei macht. Der Schwiegervater hat kunstvoll Klebestreifen gesetzt, dennoch fährt Steffi nur noch mit Plastiktüte, und das seit ca. sechs Wochen, in denen ich mich von weitem lediglich gewundert habe, warum meine Frau plötzlich so bedacht darauf ist, den Sattel vor Regen zu schützen.
Denn die wahre Sattelgeschichte habe ich erst heute erfahren, als wir uns tatsächlich mal wieder unterhalten haben. Die traurige Pointe ist, dass ich bis gestern jeden Tag am Fahrrad-Schurig vorbeigefahren bin (den ich jedem nur empfehlen kann). Ich hätte also jeden Tag einen neuen Sattel mitbringen können. Nun erst wieder in drei Wochen und drei Tagen. Wir lernen daraus, dass Kommunikation sehr wichtig ist.
Greta fährt gerade gerne mit einem roten E-Quad herum, das uns zugelaufen ist. Schon früher haben mich diese Gefährte immer an Rollstühle erinnert. Es kommt auch nicht von ungefähr, dass sie auffallend oft von übergewichtigen Jungs gefahren werden.
Das Teil hat dicke Stoßfänger und Profilreifen, als ob es fürs harte Gelände ausgelegt wäre. Dabei wird überhaut nur ein Rad angetrieben, das bei der kleinsten Unebenheit durchdreht. Das Quad ist vor allem laut und sehr langsam. Es kann nur eine Geschwindigkeit und nur vorwärts. Aber für ein bisschen Fahrtwind reicht es immerhin.
Dabei braucht Greta gar keinen Rollstuhl, sondern ist im Moment wieder flitzfidel. Es hatte eine Weile gedauert nach der OP Anfang Mai, dass sie richtig rund lief. Aber jetzt spielt sie wieder Fangen, was mit unseren vielen Türen zwischen den Zimmern besonders attraktiv ist.
Die Nachbarwohnung hat auch geflügelte Zwischentüren und sogar einen Balkon. Sie steht immer noch leer. 95 Quadratmeter für nur noch 5,50 Euro kalt. Meistens freie Fahrradparkplätze im Keller. Garantiert ruhige Hausgemeinschaft. Schlüssel zur Besichtigung bei uns.

Nur kurzfristig Sonnenfinsternis

Greta hat die drei Diagnoseschritte seit vorgestern gut überstanden. Bei der Szintigraphie am Mittwoch ist sie von alleine in der Röhre eingeschlafen. Nun hat sie ein langes Wochenende vor sich. Erst Dienstag muss sie wieder in die Ambulanz zum Blutwerte-Check.
Auf den ersten Blick sieht es wohl so aus, als ob die Metastasen in Knochen und Lymphknoten zurückgegangen wären, aber Genaueres lassen die Ärztinnen erst nach gründlichem Studium aller Daten heraus. Montag sitzen sie alle zusammen und beraten über das weitere Vorgehen, Dienstag erfahren wir mehr. Wahrscheinlich wird dann die MIBG-Therapie angesetzt. Die Abkürzung steht für Meta-Jodobenzyl-Guanidin. Das ist ein Stoff, der von den Neuroblastomzellen gespeichert wird. Reichert man ihn (schwach) mit dem Jod-Isotop 131 an, kann man an der Beta-Strahlung gut ablesen, wo sich noch Krebsnester befinden (MIBG-Szintigraphie). Reichert man ihn stark an, werden damit die Krebszellen unmittelbar bekämpft, sozusagen von innen ausgeräuchert. Das haben sie mit Greta nun vor. Die Behandlung dauert in der Regel fünf Tage und ist vergleichsweise ungefährlich.
Der Vater nimmt den Auftrag der anstehenden drei Wochen ernst und pflegt jetzt in erster Linie die Ressource Papa. Seit gestern habe ich Urlaub. Morgen fahre ich gemütlich nach Kiel und hole Stella und Clara ab. Hoffentlich wollen sie überhaupt mitkommen.