Freitag, 31. August 2012

Sommer, Herbst oder Winter?


Sorry, letzten Sonntag habe ich den Greta-Post aus Kiel technisch nicht auf die Reihe bekommen. Ich entferne mich langsam vom PC, deswegen warten viele von euch auf Post. Kommt schon noch!



Wir haben bis Donnerstag letzter Woche wunderbare Tage in Kiel verbracht, bei unterschiedlicher Laubfärbung, aber gutem Wetter. Die Damen waren fröhlich am Strand, ich geruhsam im Bett, Krimi lesend. Tannöd  - oh jeh! Interessante Erzähltechnik, aber etwas deprimierend. Und ich wusste am Schluss immer noch nicht, wer warum diesen Mord begangen hat. Es muss an der Stelle einmal darauf hingewiesen werden, dass das Leben auf dem Land in Wirklichkeit viel schöner ist. Lest ihr denn keine Landlust? Das Land-Bashing der arroganten Städter hatte zu Zeiten aggresiver Frischluftideologie aus Arbeiterbewegung und NS seine Berechtigung. Im Krieg gewährleistete der Bauernhof Schutz vor Bomben und ausreichende Ernährung. Aber heute sind die Supermärkte viel besser geworden.

Greta musste nach der abenteuerlichen Wikinger-Reise letzten Freitag gleich einbehalten werden und vermisst nun „das normale Leben“. Dass ihre Blutwerte im Keller sein würden, wussten ja alle, aber leider bekam sie Fieber, während sie Vampir gespielt hat, außerdem stieg der CRP.  Der Blasten-Wert im Blut hat sich innert 48 Stunden verdoppelt, was als sehr ernst eingstuft werden muss. Die Laune war aber nachmittags durchaus gut, wenn auch die gewohnte Unternehmungslust fehlte. Ein Besucher muss jetzt Glück haben, wenn er Gretas Aufmerksamkeit haben will. Immerhin hat sie vorgestern der Ärztin den erhobenen Mittelfinger gezeigt. So kennen und lieben wir sie. Nun hoffen wir, dass Mama sich bald mal um die Schultüte kümmern kann, statt Filme zu gucken und Taschen hin und her packen zu müssen. Mama übernachtet jetzt bei Greta; immerhin haben wir das ganze Doppelzimmer zur Verfügung.


Die ganze Familie ist also wieder in Leipzig. Stella kam gestern aus Bamberg zurück, sehr guter Dinge. Clara bei Papa, Roland oder Onkel Jonas, set gestern auch bei Opa – Clara bemerkte dann auch, dass hier plötzlich die Fußball guckenden und Skat spielenden Männer in der Überzahl sind. Sie kommt aber auch mit der Mama zu Greta und zu den Pferden, wenn es geht.
Am Montag war Clara mit Roland Paddeln. Noch sind Ferien. Abends haben wir Skat gespielt. Clara wird immer besser und kann sogar aufschreiben. Ein sehr hoffnungsvoller Zukunftsaspekt.

Ein herzlicher Dank gilt mal wieder allen unsern tollen Unterstützern mit Energie, Liebe, Zeit, Tee, Futter, Sonne und Gesprächen.
Clara kam vorgestern früh auf mich zu und wollte mit mir über Taschengeld verhandeln. Meine Laune sank, aber ich dachte: na ja, mal sehen. Clara sagte, sie habe mit Stella beschlossen, dass sie im neuen Schuljahr beide genau 2 Euro Taschengeld die Woche haben wollten, also nicht 2,50 und 1,50 Euro, sondern beide gleich viel. Betriebsratslogik: Chef entscheidet über die Höhe der Gesamtausschüttung, Belegschaft muss aber bei der Verteilung mitreden. Eigentlich ganz sympathisch. Ich war zunächst nicht sicher, ob Stella das wirklich mitträgt. Tut sie aber doch. Es gibt Solidarität in der Familie.
Fortuna steht mit Bayern an der Tabellenspitze, Nürnberg ist knapp dahinter. Möge es so bleiben.

Montag, 13. August 2012

Alle anderen treiben Sport


Das Handy-Problem hat sich gelöst, Roland sei Dank. Ich habe jetzt wieder meine Adressen zur Verfügung und dazu Hunderte von Musiktiteln. Dadurch hat nun auch Stella wieder ein Handy, nämlich mein altes.
Greta hat ein Mittel namens „Vidaza“ (Celgene) gespritzt bekommen (je fünf Tage, dann drei Wochen Pause) das auf die DNA der Blasten wirken soll und diese „umprogrammiert“... alles sehr kompliziert und bei Kindern noch nicht zugelassen. Bei älteren Menschen, denen man keine Chemotherapie mehr zumuten kann, hat man aber gute Erfolge erzielt. Bei uns läuft das nun unter „individuellem Heilungsversuch“ (statt palliativ oder krankenhausintensivem erneutem T-Zellenversuch, der nur bei zehn Prozent der Patienten von Ergfolg gekrönt ist und bei 3mal transplantierten Patienten, wie Greta leider auch, nicht wirklich empfohlen wird – auch hier die Entscheidungslage sehr kompliziert...) Wie unser Lieblingsdoktor meinte: So traurig es ist, aber wir haben keine wirklichen Alternativen mehr...und gleichzeitig könnten wir nun natürlich „alles“ machen, wenn wir die Kraft hätten...--)
Nach einer Woche Station, neuem Port und gestern nochmal Thrombozyten-Konzentrat (TK), durften wir heute nach der „Vidaza“-Spritze wieder nach Hause.
Im weiteren Verlauf des Tages war Greta reiten, Federball spielen, Trampolin springen im Nachbarhof etc. und hatte ihre übliche Performance – also weit weg von palliativ, zum Glück.

Wer den Papa kennt, wundert sich nicht, dass er sich wenig bewegt und die vielen Stunden im Bett genießt... Ich habe heute den letzten Tag des Fünf-Tage-Startblocks mit meinem neuen Krebsmittel Temodal absolviert, das ich bisher sehr gut vertrage. Auch die anderen Medikamente harmonieren anscheinend. Schlafen … Spazieren gehen, von Fußball träumen.
Während die Damen versuchten, aus ihren Pferden Einhörner zu machen (klappt noch...) haben die Jungs Olympiade geguckt. Was für ein Spektakel! So, so, die BMX-Renner wollen die Gelegenheit nutzen und sich endlich einer größeren Öffentlichkeit präsentieren. Na prima, ich kaufe Stella und Clara solche Räder und motiviere sie dazu, dreimal die Woche auf unserem Wellenspielplatz zu trainieren, damit sie genauso lustige Stürze bauen wie ihre Kollegen in London. Da gehe ich lieber Red Bull unterstützen, die ihr erstes Spiel zuhause heute nur eins zu eins gespielt haben.

Sonntag, 5. August 2012

Der Kampf geht weiter


Greta hat einen Leukämie-Rückfall erlitten. Das war das Ergebnis der Knochenmarkpunktion vom Donnerstag. Nun wird es ganz schwer.
Die Ärzte wollen die letzte Spenderin noch einmal kontaktieren, um ihrem Blut Fresszellen (sog. T-Zellen) zu extrahieren, die Greta helfen könnten, die Leukämiezellen zu bekämpfen. Das ist immerhin eine kleine Chance.
Eine neuerliche Transplantation will ihr kein Arzt mehr zumuten.
Wir sind ungern frühzeitig von Bad Oexen aufgebrochen, aber nun arbeiten wir daran, dort wieder hinfahren zu können.
Ich bin eines nachts auf der Treppe in Schlappen ausgerutscht und mit dem Kopf gegen die Wand gekracht, die jetzt dort ein Blutfleck ziert. Ich habe mich ein bisschen erschreckt, aber das CT hat gezeigt, dass der Zementdeckel unversehrt ist. Die gute Nachricht also: Der Kopf hält und bei meinem Comeback auf dem grünen Rasen werde ich doch keine Petr-Czech-Maske brauchen.
Im Moment erhole ich mich immernoch überwiegend im Bett von der letzten OP. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Kühlpad. Das ist nicht nur vergnüglich, schließlich leben wir in einer großen Bettgemeinschaft und so eine kalte Qualle zieht Kollateralschäden nach sich. Junglöwe Molly, mein Kuscheltier, ist seit Tagen schwer verrotzt.
Da wir aber mit Keimen vorsichtig sein müssen, haben wir ihm Synulox verabreicht. Das scheint gut anzuschlagen.
Ach ja, mein Handy hat leider auch eine knarzige Stimme.
Danke der Nachfrage, ich bin mit Lesestoff gut versorgt. Zuletzt der „Schatz der Sierra madre“ von Traven (sehr prima). So ist es halt: Die Einen reiten zum Goldsuchen in die Prärie, Andere fliegen nach Las Vegas. Beides ist, wie man weiß, Portemonnaie und Seele nicht zuträglich. Deshalb bin ich 1997 nach Hildesheim gegangen – und habe dort auf Anhieb meinen Schatz gefunden. Portemonnaie naja..., aber für die Seele langfristig ein Volltreffer.








Greta darf bis Montag früh zu Hause sein, soll dann Thrombos bekommen und auch wieder einen zentralen Zugang. Das wird diesmal wohl ein „Port“ wegen der größeren Möglichkeiten, z.B. damit Schwimmen zu gehen usw. Dann müssen wir schauen, wie der Zeitplan aussieht und was Internisten und Onkologen am Montag besprechen.
Heute war Zootag für Greta und Stella. Roland ist noch hier, übers Wochenende auch Katrin und Sebastian.
Der Rest der Familie beschäftigt die Hände, um nicht zuviel nachzudenken. Ihr könnt euch die Gesamtstimmung wohl in etwa vorstellen.