Sonntag, 18. April 2010

Lebenserwartungen

Dem Vetter in der Klinik geht es besser, danke der zahlreichen Nachfragen! Roland und ich nutzen das schöne Wetter für tusculanische Spaziergänge im Klinikgarten. Wir sind zuhause auch gefragt worden, was denn das Mal zu bedeuten habe, das Greta am 11. April auf der Stirn trug. Das ist lediglich ein Triceratops, ein Aufkleber von bemerkenswerter Dauerhaftung. Viele Freunde haben uns aber gar nicht erst erreicht, denn unsere Konnektivität ist mal wieder schlecht. Die Telekom-Tante hat erneut die Regie über den Anrufbeantworter übernommen, und es gibt Beschwerden darüber, dass Gespräche „einfach weggedrückt“ worden wären. Nun mag es sein, dass gelegentlich ein Kind den falschen Knopf erwischt, aber sehr wahrscheinlich ist das nicht. Sind doch gerade die Kinder viel zu neugierig auf den Anrufer.
Greta hält die 16 Kilo, das hat sie seit dem vorgestrigen Ambulanz-Termin amtlich. Sie strotzt vor Energie und muss dringend in den Kindergarten. Das Herzmittel Lanitop ist abgesetzt worden. Pantozol für den Magen wird wohl auch nicht mehr lange benötigt, auch nicht das Lebermittel Ursofalk. Über Jahre hinaus wird sie L-Thyroxin oder ähnliches für die Schilddrüse nehmen müssen. Außerdem noch bis ins nächste Jahr den antibiotischen Schirm, der das neue Immunsystem unterstützt. Auf Immunsuppressiva kann schon lange verzichtet werden, weil die neuen Abwehrkräfte bemerkenswert gut mit Gretas Körper harmonieren. Manche Medikamente haben richtig schöne Namen – Ursofalk, dein starker Bärenbruder. Ich mochte immer Vincristin besonders gern. So hieß nämlich meine Sommerfreundin damals, 1968, als ich ein wonniges Auslandssemester in Uppsala verbrachte.
Gemessen an dem, was Greta in den letzten zweieinhalb Jahren verabreicht bekommen hat, lebt sie nun mit geradezu homöopathischen Dosierungen. Trotzdem hat sie so viel Gift in sich, als hätte sie zwanzig Jahre gekokst, gefixt und Kette geraucht. Das heißt, sie hat jetzt ungefähr eine Lebenserwartung wie Bill Burroughs oder Keith Richards. Was ja gar nicht so schlecht ist.
Am Montag ist die Ur-Omi aus St. Michaelisdonn gestorben. Sie hat zu ihrem 91. Geburtstag noch einmal alle Angehörigen um sich versammelt und ist einfach davongegangen. Was für ein Schlusspunkt.

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Die guten Nachrichten über Greta zu lesen, tut richtig gut. An Roland unbekannterweise gute Besserung.
Liebe Grüße
Doris