Montag, 14. Oktober 2013

Tausche ollen, nassen Fellmantel gegen...

Ich habe heute Gretas Baum bezahlt. Nochmal vielen, vielen Dank allen lieben großzügigen Spendern!! Die Pflanzperiode ist von Nov-März, d.h. ich erfahre zwar, wenn das Bäumchen gesetzt ist, weiß aber nicht genau vorher, wann das passiert.
In dieser Woche wäre Greta 9 Jahre alt geworden.
Stephans beknackte, ambulante Reha war in diesen Wochen vor einem Jahr.
Am Sonntag war Konfirmanden-Gottesdienst und ich auch malwieder dort, was ja nicht so sehr häufig vorkommt. Ich war aber malwieder beeindruckt von dem, was der Raum, die Stimmen, das Singen und die Texte bei mir auslösen. Es gibt manchmal so kleine Satzschnipsel ("dein Wille geschehe...", "Gott, der du alles Leben schufst und uns durch Christus zu dir rufst, wir danken dir für dieses Kind und alles Glück, das nun beginnt...", "...gleich dem Sternlein in der Bahn; keins fällt je aus Gottes Plan...", "Amen...") und dann kullern plötzlich die Tränen, ohne besonderen Anlass, einfach nur, weil es grad so passiert.
Ich frage mich immer wieder, wer ich mal war und wer ich jetzt bin. Ich bin durch unsere Geschichte wie aus Raum und Zeit gefallen, alle Konventionen und "normalen" Ziele sind mir egal geworden (obwohl ich mich äußerlich an sie halte und sie mir ja auch Halt geben...) Ich fühle mich wie rausgefallen aus der Welt der "normalen" Menschen.
 Ich verfluche das Doppel-Grab. Ich möchte tanzen und lieben und lachen, möchte drei wunderschöne, gesunde Mädchen aufwachsen sehen. Ich möchte eine sinnvolle, erfüllende, bezahlte Arbeit tun können. Ich möchte einen liebenden Partner haben, ich möchte in meine eigene Haut zurück...ich bin ihr irgendwie entstiegen und sitze irgendwo weit weg und schaue ständig auf diese blöde Hülle, die mir so leer und hohl und einsam erscheint. Und so schwer!! Wie ein oller, eingeregneter Fellmantel, auf den das Gewicht der Welt geprasselt ist...
Dabei habe ich ja nichtmal ein Minifutzel dieser Welt gesehen und ein Minifutzel der Dinge erlebt, die ein Mensch in einem Leben erleben, lernen oder geben kann. Oder vielleicht zuviel davon, zuviel zu früh? Die ganze Last, dass ich Greta nicht vor dem beschützen konnte, was ihr geschehen ist und ich nicht verhindern konnte, dass Stephan so schwer krank geworden ist. (Nicht zuviel darüber nachdenken, ob ich Stella und Clara "genüge"...aus Angst, dann zu merken, dass hier meine Kraft fehlt. Mantel an, Mantel aus...)
Oje.
Dabei ist eigentlich alles grad ganz schön und gar nicht so traurig.
Das schöne Herbstlicht beim Radfahren und Ausreiten...


Ein fröhlich buckelnder Ben beim Galopp im Wald...
ein schmusiger Kater zu Hause, der zwar immernoch lädiert aussieht, aber sich nun endlich hier eingelebt zu haben scheint...

Reitkinder, die begeistert das fluffige, langsam dicker werdende Winterfell der Ponies streicheln...
Meine Eltern, die zu Besuch waren und nochmal ein paar Gemütlichkeitsplusse für die neue Wohnung geschaffen haben... ein berührendes Blues-Konzert von einem Freund im Tauchaer Cafe Esprit...
eine warme Badewanne nach dem Stalldienst...ein gutes, gemeinsames Essen...
Nicht zuletzt... "mein Silberstreif-Mensch", der diese Rolle natürlich gar nicht annehmen muss, sie aber irgendwie einfach grade hat. Er ist großartig und wunderbar und sehr besonders und ich hoffe, meine Seele rührt in ihrem ollen Fellmantel zumindest manchmal an die seine...
Vielleicht kriegen wir den Mantel gemeinsam ausgebürstet und glatt gestriegelt, warm und trocken und ein bisschen glänzend. Bunt muss er ja nicht gleich sein, aber ein bisschen weniger schwer wäre schon schön.
Knutscher für Clara Weihnachten 2011, glaub ich...hier mal stellvertretend für alle Helferherzchen um mich herum...!

Liebe Freunde, bleibt bei uns; nichts wird "normaler" mit der Zeit... aber es wird vielleicht regenbogiger...
Liebe Grüße an euch alle (nein, wir backen noch keine Weihnachtsplätzchen...das tolle Foto ist von Barbara - 2009??)
Das ist von 2007...!!! Stella und Clara und Ziska beim Backen - Greta war auf der Kik4...


 
 



4 Kommentare:

Sabine hat gesagt…

Ich wünsche dir von Herzen, dass du den ollen nassen Fellmantel bald abstreifen kannst. Ich lese hier meistens nur ganz still mit und bewundere dich für die Kraft die du aufgebracht hast und immer noch aufbringst. Hoffentlich gibt es in der Zukunft wieder eine gewisse Normalität für dich.
Herzliche Grüße
Sabine

Uschi hat gesagt…

Ich bin nicht gut im Trösten und vermutlich gibt es auch keinen Trost, aber ich schicke dir virtuelle Mottenkugeln und einen Teppichklopfer für den ollen Mantel und dann gib ihm Saures! In Natura empfehle ich, stell dich beim nächsten Ausritt mal in den Wald und brülle so richtig alle Last aus die raus. Aber steige vorher vom Pferd und binde es an ... Einfach die Bäume anbrüllen. Bei Bedarf auch gegentreten (sorry Bäume). Befreit ungemein! Und wenn du heulen musst, dann heule halt! Hauptsache es kommt raus, nicht runterschlucken. Ich wünsche dir, dass du vielleicht nicht unbedingt deine alte Hülle zurückbekommst, aber eine neue Hülle findest. Der Silberstreifen hilft bestimmt dabei ;-) Schlangen häuten sich ja auch. Wenn die alte Hülle zu eng wird, nicht mehr passt, weil sich das Leben ändert, dann langsam häuten. Ab damit und langsam eine neue wachsen lassen. Alles wird besser ... Ganz herzliche Gedanken an dich!

SLS hat gesagt…

Danke für die virtuellen Mottenkugeln und den Teppichklopfer! Und das Brüllen im Wald ist auch eine gute Idee...(- wobei du mein Pferd schon gut kennst, wenn du empfiehlst, ihn vorher anzubinden...;-)) Und, ja, ich glaube auch, dass es eine neue Haut werden darf...-also: Ungeduld zügeln, die schwere Hülle abstreifen und langsam eine neue wachsen lassen (die nicht nur Schutzhülle ist)...- herzliche Gedanken zurück!

Anonym hat gesagt…

Ich kenne das Mantel- Gefühl.
Ich weiß aber dass Sie das nicht trösten wird.
Was soll / kann den trösten?
Ich denke Sie haben soviel gegeben, dass Sie einfach erschöpft sind.
Unvorstellbares gegeben.
Die Angst geliebte Menschen nicht beschützen zu können, ist unerträglich.
Ich bin sicher, Sie haben die Zeit für Greta so schön wie möglich gestaltet.
Vielleicht kann der Gedanke daran ein bisschen trösten.
Ich denke oft an Sie und schicke Ihnen Kraft- ein bisschen habe ich über.
Viele liebe Grüße.