Sonntag, 28. Februar 2010

Wohnungsnot



Ich dachte erst, es sei ein Scherz, als ich Mittwoch nachhause kam und über einen großen Sack stolperte, der auf den ersten Blick aussah wie ein Zebra. Als der Sack mir dann zur Begrüßung die Pfoten auf die Schultern legte und mich anfauchte, wusste ich es besser. Wir haben einen neuen Mitbewohner.
Die Geschichte ist einfach. Unser umtriebiger Zoodirektor braucht Platz für sein neues Gondwana-Land und will Tiere der nördlichen Hemisphäre loswerden. Da er aber nicht wieder zum Buhmann der Stadt werden will, lässt er diesmal die streichel-baren Tiere nicht erschießen, sondern an Schulen versteigern. Steffi, Stella, Clara und Greta haben den sibirischen Schneetiger also auf dem Schulhof der Lessing-Schule ersteigert. Es gab fünf Bieter. Ich fürchte, es wird ein hoher dreistelliger Betrag abgebucht werden, Steffi redet nicht gerne über diese Dinge. Sie hat zuvor im Krankenhaus gefragt, und drei von fünf behandeln-den Ärztinnen haben es nicht verboten, dass Greta wieder mit einer Katze im Haushalt zusammenlebt, sagt Steffi.
Der Tiger heißt Pogrebniak. Das ist Russisch. Ich weiß nicht, ob das sein Vor- oder Nachname ist, aber bei Tigern ist das ja nicht so wichtig. Genau genommen ist Pogrebniak ein sibirischer Zwergtiger, hat Herr Junold auf dem Schulhof erklärt, dessen Längenmaß auch im ausgewachsenen Zustand 3,20 m bis Schwanzspitze nicht überschreiten wird. Deshalb darf er nach dem internationalen Artenschutzabkommen von Woodstock in Stadtwohnungen gehalten werden. Es reicht, sagt Herr Junold, wenn wir drei- bis fünfmal am Tag mit Pogrebniak im Rosental Gassi gehen.
Dennoch können wir ein langfristiges infrastrukturelles Problem nun nicht mehr leugnen. Erstens: Der Tiger braucht ein eigenes Zimmer mit abschließbarer Tür. Zweitens: Wir werden wahrscheinlich fünf menschliche Personen bleiben und müssen also auch für Greta ein Zimmer dauerhaft einplanen. Drittens: Zwischen Stella und Clara schwelt schon jetzt ein Zickenkrieg um das gemeinsame Zimmer. Clara wich zuletzt regelmäßig auf das weinrote Sofa im Mehrzweckzimmer aus, das jetzt auch Pogrebniak mit Beschlag belegt. Ursprünglich war das Papas Lieblingsplatz, und Papa kriegt schlechte Laune, wenn er abends am Küchentisch lesen muss. Viertens: Clara hat das Klavierspielen entdeckt, aber das ist eine andere Geschichte.
Was ich sagen wollte: Wer eine schöne kleine preiswerte 200-qm-Wohnung im Waldstraßenviertel kennt, die bald frei wird, der möge sich bei uns melden.

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