Donnerstag, 21. Februar 2013

Angst oder Nicht-Angst


“The only thing I´m sure of is to have no fear at all. Just go, keep on going on. And the only thing that`s certain is sometimes you`re bound to fall. Just go, keep on going on.
When all you worked for. Comes tumbling to the ground. Don`t let the sadness fill your heart. Tomorrow may be a better day. Lift your head up again. You know you`ll start again. No matter what may come of it. As long as hope`s alive, I`m sure that you`ll survive. You know what you have to do. Tightrope walker...”


Das stimmt natürlich alles nicht, ich habe verdammten Schiss. Vor Allem und Jedem. Vor Gefühlen und Verlusten, Gesichtsverlusten und Gefühlsverwirrungen und bin ein Kontrollfreak, was Blamagen angeht (zum Glück, muss man manchmal dazu sagen, manchmal raubt das aber auch den spontanen Mumm. Was wiederum schade sein kann...)!
Die Gefühle sind natürlich trotzdem da und ich versuche, gegen die Angst anzukämpfen, aber auch gegen die Verwirrungen, was beides nicht immer klappt.
Abschiede. Wieviele davon hat man in einem Leben zu meistern?
Und es fühlt sich schonwieder nach Abschied an. In Raten. Und von dem nächsten geliebten Menschen...ich weiß nicht, ob das Verlieren-ohne-Festhalten-können das ist, was ich am meisten fürchte, das Alleinbleiben oder alle weiteren Abschiede, Schlüsse, kommende Entgültigkeiten.
Nicht mehr dazuzugehören, nicht mehr als Familie „ganz“ zu sein...
Mehr in der Geisterwelt als der „richtigen“ Welt zu sein...?
Eine Zwischenwelt ist es auf jeden Fall. Nicht mehr ganz auf der alten Strecke, aber auch noch kein neuer Weg.
Stephan ist jetzt genau das passiert, wovor er am meisten Angst hatte – er ist komplett abhängig und hilflos...Mir hat er das nie gesagt, dass er das fürchtet (man setzt diese Furcht allerdings ein bisschen voraus, finde ich), aber einem guten Freund. Jetzt ist auch das linke Auge quasi "zu" - Abschied vom Sehen der Welt.
Und nun kann man die Angst nur lindern, oder?
Ich wirke nur nach außen stark, weil ich irgendwann beschlossen habe, dass der Tod uns nicht unterkriegt (Auch wenn ich schwere Gefechte mit ihm an der Bettkante geführt habe, er wollte  mich nicht und Greta zu dem Zeitpunkt auch noch nicht).
 Die Mädchen fanden es bei Gretas langem Weg immer am Wichtigsten, dass es irgendeine Hoffnung gab – natürlich auf Heilung und ein gesundes, langes Leben!! Aber vielleicht ist es auch die Hoffnung, dass es immer irgendwie weitergeht, egal, was passiert und egal, wie schmerzhaft es ist. Und unsere Verweildauer hier ist vielleicht auch gar nicht entscheidend...(Da ist es malwieder: "Gräme dich nicht, dass es vorbei, sondern freue dich, dass es gewesen ist!")
Und es gibt soviele Kraftspender, Helfer und gute Seelen um uns herum! (Die Blumen aus Stuttgart sind DER HAMMER!! Danke, liebe Personalabteilung!!!)
Farbenpower gegen den grauen Leipziger Winter!!
 Seid hiermit alle herzlich umarmt. Unser klasse Umfeld und alle lieben Gesten sind bergeweise Kraft-Material für meinen wertvollen „Ressourcenkoffer“!
Am Dienstag wurde auch mein Rücken wieder eingerenkt von einer fachmännischen Physio (es knackte ein paarmal und Schwups! konnte ich meinen Hals wieder besser nach rechts drehen...noch ein bisschen Kneten und Fango, toll!) Zum Glück fühlt sich Fango nicht an wie das „Klangbad“ in Bad Oexen, wo ich mich wie aufgebahrt fühlte.
Ich frage mich, wie es wohl Wolfgang Herrndorf geht. Ich musste heulen, als ich vor ca. zwei Monaten den Artikel in der „Zeit“ über ihn gelesen habe und über seinen Blog, der den schönen Titel „Arbeit und Struktur“ trägt (Herr Herrndorf ist auch Jahrgang ´65, hat auch ein Glio und hat das Jugend-Road“movie“ “Tschick“ geschrieben...)
Als ich dem Rest der Familie erklären wollte, was mich da gerade so berührte und dass der Mann Stephan ein bisschen ähneln würde und irgendwie denselben Humor hätte, antwortete Clara prompt: „Tumor, Mama, TUMOR!“
Alles Verrückte hier.
Ich muss mich wohl in Zukunft erstmal vor allem um meine beiden pubertierenden Damen kümmern, die schon sehr ihr eigenes Ding machen und sehr selbstständig sind, aber mir nicht wegdriften sollten vor lauter anderen Wolken in meinem Kopf. Bodenhaftung ist angesagt. Andererseits ist das Getragenwerden auch toll und Fliegen manchmal auch ;-)

Silvester 2012, Gretas Lieblings-Wellenweg ohne Schnee...

Roland ist noch bis Donnerstag hier (und wäscht Stephan grad die Haare, während ich mit Kater am Schreibtisch sitzen darf) und dann kommen meine Eltern. Was ganz großartig ist, weil ich hier sonst ganz schön angetackert und selbst das Einkaufen etwas schwierig wäre. 
Der Puderzucker-Schnee über Leipzig sieht zwar ganz nett aus, aber irgendwie nervt`s dann doch. Den Skifahrern unter euch sei es gegönnt...
Nervlich sind wir alle etwas angespannt. Springsteens „Streets of Philadelphia“ haut uns die Sicherungen raus, so wie „Sanctuary“ oder was es noch an Musik gibt, die einen in seelischen Löchern so richtig erwischt. Ich bin im Auto immernoch an derselben CD dran.

„You left me broken,
So many tears I´d cried for you. Trying to understand, all that we`ve been through.
This love`s confused, is this hope abused?
I´d still shelter you, keep you warm. Protect you from the storm.
Holding you close to my heart.
And I will find sanctuary in your arms.
Wrapped around you the whole world just disappears. Time stands still when I`m with you. A moment feels like years. I feel confused. There`s so much to loose. My head ist fighting with my heart.
Feel so torn apart.
Holding you close to my heart.
I will find sanctuary in your arms.”
(Sanctuary, Alex Clare)

 Pfingsten 2012

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Liebe Steffi,
ich freue mich sehr, das du die kraft für diesen tollen Blog findest und weiter machst. Ich denk ganz oft an euch. bis bald Frances

Grit hat gesagt…

Liebe Stefanie, ich bin auch eine der stillen Leserinnen... heute muss ich auch etwas schreiben. Obwohl mir gar nichts Sinnvolles einfällt. Ich wünsche mir etwas Tröstendes oder Mutmachendes schreiben zu können, aber da gibt es wohl nicht viel. Ausserdem haben sie und Stephan die Latte hochgehängt - "Wortgourmets" denke ich immer, wenn ich ihre Posts lese. Und meine eigenen Worte erscheinen so banal. Ich wünsche ihnen viel Kraft und weiter viele Arme und Hände, die Sie halten. Ich bin in Gedanken sehr oft bei Ihnen...

Doris hat gesagt…

Steffi vertrau drauf, daß wir alle euch auffangen, wenn es soweit ist und ihr Stephan in diese andere Welt zu Greta driften lassen müßt. Im Moment profitieren wir aber sicher von euch, diese Kraft und Geduld am Rande miterleben zu können ist überwältigend danke. Mit viel Liebe Doris

Anonym hat gesagt…

So gerne wuerde ich hier an dieser Stelle irgendetwas Troestendes schreiben, aber was koennte es schon geben, was dich/ euch aufbaut.

Ich lese schon seit Langem hier mit und doch fehlen meistens die Worte - das tut mir leid!

Ich wuensche euch helfende Haende und viele Umarmungen, die vielleicht ein wenig Kraft spenden koennen!

Nicole

Anonym hat gesagt…

Ich finde es toll dass sie die Kraft haben diesen Blog weiter zu schreiben und weiter alle auf dem laufenden halten. Es ist unvorstellbar was ihre Familie in den letzten Jahren und vor allem in der letzten Zeit durchmachen musste, doch weiß ich dass man gerade in solchen Zeiten merkt wie viele Menschen einem zur Seite stehen und unterstützen. Ihr Mann hat ein schreckliches Schicksal. In solchen Zeiten fragt man sich, warum? Warum tut der da oben so etwas? Vielleicht als kleiner Trost: Stefan wird auf Greta aufpassen, bei ihr sein und sie endlich wieder in seine Arme schließen können. Beide werden auf ihre Familie aufpassen und sie und ihre beiden tollen Töchter beschützen.
Bleiben sie weiterhin so tapfer und vergessen sie nie den Wert eines jeden Momentes der uns geschenkt wird.

Gudrun Plötz hat gesagt…

Liebe Steffi, neulich erwähnte irgendwo jemand den Greta-Blog und daß es jetzt schon wieder nicht gut ist bei Euch..ich habe das alles gelesen und bin zutiefst berührt...Wer kann isch vorstellen diese unglaubliche Kraft aufzubringen, Du bist so stark, Stephan ist so stark...Ich bin aus Dieskau in der Nähe von Halle, wohne jetzt in Hessen und meine Tochter heißt auch Stefanie und ich habe einen kleinen Enkel der vier Jahre ist...ich liebe Kinder und ich liebe meine Kinder und umso mehr kann ich alles nachempfinden was Euch passiert ist und noch passiert...ich möchte Euch einfach in die Arme nehmen und noch mehr Kraft geben...so viel prallt auf Euch nieder und ich bewundere Deine Kraft...aber ich finde es gut wie Du Dir Deine Nischen erhältst...
Man kann viel reden aber es sagt gar nichts wenn man sich Euer Leben verinnerlicht was schon wieder Abschied heißt...
Lass Dich einfach mal drücken und Dir ganz viel Kraft senden...
Liebe Grüße
Gudrun