Dienstag, 23. April 2013

Narziss und Buschwind

Die Sumpfeiche braucht keine finanzielle Unterstützung mehr...bei der Pflanzung hapert es allerdings noch am Zeitpunkt, am Platz und am Grünflächenamt - aber dem Kauf eines jungen, kräftigen Bäumchens steht von meiner Seite aus nichts mehr im Wege...!
Wer unser Überleben als Restfamilie irgendwie absichern möchte, bzw. durch Finanzen helfen möchte, der kann auf das Stella/Clara-Sparbuch, das ich im März erwähnte, einzahlen. Die Hilfe von vielen Seiten ist gerade aber so überwältigend, dass es mir fast schonwieder unangenehm ist...(aber auch nur fast).
Das schenkt uns Zeit...- und das ist ein RIESIGES Geschenk! (Denn auch ein Job-"Profil" zu entwickeln und zu schauen, was überhaupt "geht", braucht grad ZEIT...)
Morgen gibt es einen Drehtag mit dem MDR. Ich hoffe, ich kann das sagen, was ich sagen möchte. Dass man die Sterbenden nicht aus eigener Angst alleine lassen sollte. Dass man zwar immer auf Heilung hofft und nicht aufhört, dafür zu kämpfen...aber dass man sich auf die Abschieds-Variante wenigstens ein bisschen einstellen kann, wenn es sich abzeichnet, dass es in die andere Welt geht. Und dann sollte man seinen Gefühlen trauen. Das ist natürlich alles ganz anders, wenn einem die Lieben durch Unfälle quasi entrissen werden, aber auch hier gibt es vielleicht die Erkenntnis, dass man "vorher" ohne den anderen auch gelebt hat und auch nun weiter leben wird...?
Ich fand es während Gretas Behandlung ganz furchtbar, wenn ich im Kopf Traueranzeigen formuliert habe...Zack, waren die Bilder und Worte da und ließen sich nicht mehr wegschieben. Ich wurde dann immer wahnsinnig traurig und war erschrocken, dass ich das überhaupt DENKEN konnte...und habe damit aber viel Trauer "vorweggelebt". Die Trauer über das Zu-früh-beendete, das Nicht-weiter-gelebte, das Abgeschnittene, das viele Leid in der kurzen Zeit und das Nicht-mehr-weiter-erleben-dürfen dieser wahnsinnigen, tollen Energie von diesem ganz besonderen Kind...
Bei Stephans Diagnose und dem Fortschreiten der Krankheit stand ich wohl mehr neben mir, auch wenn es viele Momente der Klarheit, Nähe und des Beisammens gab. Ich habe nicht alles eins zu eins gefühlt. Das ging einfach nicht mehr, es war sowieso immer ZUVIEL. Gibt es ein Aus-sich-heraustreten nach Traumatisierungen, nach Schocks? Vielleicht kommt daher die oft erwähnte, äußere "Stärke" (die eigentlich keine ist)?? 

Aber die Trauer um gleich zwei wunderbare Menschenwesen hat uns nicht überwältigt. Warum nicht? Weil wir Hilfe hatten beim Erspüren des Bauchgefühls, beim Gestalten und die Fäden in der Hand behalten in der völligen Hilflosigkeit...
Wobei hier natürlich auch oft das Wissen fehlt - wie lange habe ich überhaupt Zeit nach dem Eintreten des Todes? Wie schnell sieht der Tote "komisch" aus? Riecht das dann nicht merkwürdig...? Was macht "man" dann, wenn man plötzlich übrig ist und die Aufgabe wegfällt, die vorher so intensiv war?
Ich fand das Kerzen anzünden, Rasieren oder Waschen von Stephan und Greta noch so erfüllend und beruhigend. Wenigstens da noch eine kurze Zeit der Intimität, bevor die Hülle gehen muss. Und die Seele ist noch so in der Nähe in diesen Stunden und Tagen.
Diesen Weg zu begleiten, gibt einem Kraft zurück. Es ist doch auch unsere Zeit begrenzt... und ein Abschied macht einem so deutlich, was man eigentlich möchte und braucht. Und warum soll es eigentlich so schwer sein, den Verlustschmerz (der Anderen, wenn man "Begleiter" ist) auszuhalten?? Was ist so schwierig daran, eine Hand zu halten, jemanden zu streicheln oder Augenkontakt aufzunehmen?? In jedem Fall sind wir Menschen nicht dazu gemacht, allein zu sein. Auch wenn wir "das soziale Tier in uns" viel zu oft abspalten, wegsperren und anbinden...
Ich kann ja selber Nähe oft schlecht zulassen, aber unsere Kultur ist da schon auch sehr arm geworden...
Wir scheuen uns, die Toten aufzubahren, anzuschauen und ihren Frieden zu sehen. Wir scheuen uns, zu zeigen, was wir denken und fühlen; Gewalt und Hässlichkeit, Nackheit, Waffen und Sex erschrecken uns nicht mehr, aber das Normale, Friedliche, Zärtliche, Schwache, das Atmen zum Schluss halten wir nicht mehr aus. Wir lagern es aus, professionalisieren es oder verkitschen es bis zum Erbrechen.
"Meine/unsere Geschichte" ließ und lässt sich nur durch das Getragenwerden und Miteinander mit anderen Menschen erzählen, aushalten und geht auch nur dadurch weiter.
Im Wald wird es langsam grün, weiß, gelb und lila. Gigantisch. Nur die Blätter lassen noch auf sich warten. Die Zweige sehen zum Teil aus, als würden sie bald explodieren und "aufploppen"...(ebenso wie der allgegenwärtige Heuschnupfen!!!)
Rooney mag Pollen und Bärlauch auch nicht und fängt an mit Kopfgeschüttel. Da muss wohl ein Nasennetz her. Aber am Samstag beim Galoppieren mit Jakob und Traben mit Leah und Justus war er sensationell brav!
Wie hat Nürnberg Sonntag gespielt? Ich hoffe, mein Daumendrücken hat geholfen?!
 

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es ist so schön, wieder von Ihnen zu lesen und noch schöner wäre es, wenn Sie je nach Gelegenheit und Seelenbefinden noch lange von sich hören lassen! Sie, ihr Mann und ihre 3 Mädels sind so vielen Menschens ans Herz gewachsen und es wäre wunderbar erleben zu dürfen, dass alle guten Wünsche an Sie nach und nach in Erfüllung gehen. Da sind die beiden Menschen auf der anderen Seite eingeschlossen. Ich bin sicher, dass es beiden gut geht.
Und Zeit darf man annehmen, die brauchts manchmal im Leben.
Liebe Grüße Gitte

Anonym hat gesagt…

Wie immer, wahre, ehrliche, direkte und erdende Worte. Vielen Dank und bitte eine Info, wenn du weißt, wann der MDR deinen Beitrag ausstrahlt.

Herzliche Grüße, Ulrike.

SLS hat gesagt…

Donnerstag, 25.4.1013, "Hier ab vier"...(16 Uhr, MDR)...bin selber sehr gespannt, wie es geworden ist...;-)! Das Team war suuupernett...!!

Doris hat gesagt…

Liebe Steffi, ich bin schon gespannt auf die Sendung. Darf ich das auch mal meinen Patienten nahelegen, sie anzusehen oder gerade deine Gedanken zu lesen? Ich hab da einige im Kopf, für die das vielleicht hilfreich wäre.
Nein diesmal hat selbst dein Daumendrücken nix gebracht. Das Glück war dem Club nicht hold im Derby. Aber trotzdem danke für die Unterstützung :D
Liebe Grüße Doris

Violetta Green hat gesagt…

Liebe Stefanie ich verfolge so lange Euren Blog, da ich lange arbeite habe ich mir die Sendung von MDR in der Mediathek angeschaut...ich fand es so schön zu Dir einmal eine Stimme zu haben und auch gelebte Bilder zu sehen..und habe viele Tränen geweint...Du bist so stark und ich wünsche Euch Dreien daß alles in einem sonnigen Licht verläuft...
Ich drück Euch
Gudrun

Anonym hat gesagt…

Liebe Steffi,

deine Worte berühren mich sehr. Ich bin vor einiger Zeit zufällig über euren Blog gestolpert, und nun lese ich deine Zeilen, während ich meinem sterbenden Mann die Hand halte. Es ist genau, wie du sagst. Es ist schwer, den Weg bis zum Ende mitzugehen, aber ich bin unendlich dankbar, dass ich die Möglichkeit habe. Ich habe so viel über das Leben gelernt durch die Präsenz des Todes. Und richtig, ohne die anderen geht es nicht. Die einfach da sind, obwohl man gar nicht darum gebeten hat. Die einfach spüren, wann sie gebraucht werden, und nicht lange fragen.

Das mit den Traueranzeigen kenne ich auch. Plötzlich schossen mir Sätze durch den Kopf, die ich auf seiner Beerdigung gerne sagen würde. Dabei war er da noch lange nicht "präfinal". Ohne mein Zutun machte mein Kopf Pläne für Urlaube mit den Kindern, wenn wir wieder wegfahren können. Schön ist das nicht. Aber es zeigt nichts als den eigenen Überlebenswillen, dass mit dem traumatischen Verlust eben nicht alles zu Ende ist, dass sich das ins Leben integrieren statt verdrängen lässt, und dass man durchaus später wieder glücklich sein kann. Und darf. Denn die glückliche Zeit, die wir mit den lieben Menschen hatten, die nimmt uns keiner wieder weg. Zum Glück sind es so viel mehr glückliche als schwere Zeiten gewesen.