Donnerstag, 7. Februar 2013

Hunger und andere Überlebensstrategien


Mit den „Süßigkeiten“ ist es so, dass Stephan im Büro der Mann mit der Schoko-Schublade gewesen ist, wo man immer was für den kleinen Hunger zwischendurch finden konnte. Ich habe mich immer gefreut, wenn ich die Berge von Schokoladen in den Einkaufstaschen gesehen habe – die Hälfte davon wanderte dann aber jedes Mal ins Büro ab...machte aber nichts, weil immernoch genug da war (und ich selber auch Schokolade einkaufe)...und zur Not gibt’s ja noch NUTELLA;-)!

Wir wurden nun wunderbarerweise ein paar Tage hintereinander ganz grandios mit Essen beschenkt und bekocht, so dass es gar keine Schokolade geben musste. Es gab eine sehr leckere Lauch-Quiche, Szegediner Gulasch,  für morgen ist Bouillabaisse da...und soviel frischer Kuchen, dass wir noch drei Tage daran weiterfuttern können...Danke vielmals liebe Heide und liebe Tante Ursel!!
Und gleichzeitig gibt es soviel Besuch, dass man meinen könnte, jeden Tag hätte unser Kater Geburtstag...Das ist toll, lässt Stephan am Leben teilhaben und gibt uns allen das Gefühl, nicht vergessen zu sein – auch ohne Stephans tägliche Präsenz im Büro oder einen festen Ort für meine Präsenz...

Dadurch dass Vetter Roland vom IT-Spezialisten zum Familienpfleger mutiert, war ich sogar öfter mal aushäusig unterwegs - zweimal Kino in einer Woche ist wirklich Luxus. Beides spannende Filme, wobei ich „Lincoln“ zwar textlastiger, aber leichter verdaulich fand als „Geschmack nach Rost und Knochen“...(heftige Bilder eines tollen Films –  ich hatte allerdings viele Parallelfilme im Kopf, wie immer...aber da konnte der Film nichts dafür. Florian, das Kopf-Geraderücken hat noch nicht funktioniert...aber ich arbeite dran...!)
Gutes Essen ist gutes Für-sich-sorgen. Kultur ist seelisches Futter, immerhin. Der Rest ist Durchhalten und „Liebe“ (Wer hat den Film noch nicht gesehen?).
Und morgen kommt die wunderbare Heidi, weil der Mali-Konflikt ihre Reise in die West-Sahara verschoben hat (und Roland führt mich aus zum Salsaabend ins Mambodrom, oder so – Stephan hat`s erlaubt, sein kleiner Cousin, immerhin Ex-Turniertänzer, darf das...;-) Zumindest ist das geplant...!

Momentan hat Stephan zum Glück keine Schmerzen, kann ganz gut essen, mit erhöhter Dexamethason-Dosis auch wieder besser sprechen und ist einfach nur total schwach und dünn und schläft viel. Die Besucher, das Baden, Fußballgucken, Rauchen am Küchenfenster und Gewusel um sich herum genießt er trotzdem, glaub ich. Er lässt sich einfach zum Bett fahren, wenn es ihm zuviel wird.
Mir ist in den letzten Tagen bewusst geworden, dass wir 15 Jahre mit wechselnden Schulbuchverlagen (und Schoko-Schubladen) gelebt haben und die damit zusammenhängenden Themen wie selbstverständlich durch unsere Familie waberten.
Das wird mir sehr fehlen, glaube ich, wie vieles andere... Mal abgesehen von den Verlagsfreunden, die mich hoffentlich nicht vergessen, wenn Stephan bei Greta ist.
Ist schon schräg, so ein komplettes Wegbrechen der eigenen, „heilen“ Welt. Die Schollen, die man im „Rundum-sorglos-Paket“ sicher wähnte, schwanken und krachen und bersten...
Und ich wundere mich, dass ich nicht einfach abtauchen möchte, zwischen die Schollen... Eiswasser und gut.
Ich dachte kurzzeitig, ich könnte nichts mehr fühlen und würde erstarren vor Angst, aber das Leben will das nicht von mir. Greta wollte das nicht und Stephan auch nicht...Sie können die Angst vor Einsamkeit nicht verhindern, aber sie können ihre Leidenschaften, ihre Intensität, Genauigkeit, das Beharrliche, ihre Zärtlichkeit und das Weiterlebenwollen dalassen und funkensprühend in meinem vernarbten Herzen rumtanzen...
Vielleicht macht das gemeinsam mit ein paar Fellnasen, Samtpfoten und ein paar Familienmitgliedern samt zwei starken Töchtern genug Leben, um das alles zu überstehen und wieder in wärmere und festere Gefilde zu steuern?
Keine Ahnung.
Manchmal kommt es mir so vor, als wäre meine dreizehnjährige Tochter eh die coolere von uns beiden und hätte schon mehr Toughness im Leben als ich. Sicher ist das so, Gnade der Jugend.




„Danach legte sie sich ins Moos, um eine Weile auszuruhen, und hoch über ihr rauschten die Bäume. Sie guckte hinauf und lachte leise, weil es sie gab. Dann schlief sie ein. Als sie erwachte, war es schon dunkler Abend, und sie sah die Sterne über den Baumwipfeln glühen. Da begriff sie, dass die Welt noch viel mehr war, als sie geglaubt hatte. Aber es betrübte sie, dass man die Sterne nicht erreichen konnte, wie sehr man sich auch danach streckte.

Ronja Räubertochter, Astrid Lindgren



2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Liebe Stefanie, vielen Dank für Deine offenen, tapferen und starken Worten, die Du hier mit uns teilst. Es ist alles so unsagbar traurig und doch liest sich zugleich auch Hoffnung und Mut zwischen deinen Zeilen, das ist schön. Ich verfolge Euren Blog schon seit Jahren, auch wenn wir uns leider nicht persönlich kennen, vergeht kaum Zeit in der ich nicht an die unerschrockene Greta und ihre starke Familie denke. Ich halte Euch fest in meinem Herzen und Wünsche Euch viel Kraft, und dass Ihr weiterhin so mit Liebe umgeben seid.
Liebe Grüße von einer anderen Stephanie aus Hannover

casino hat gesagt…

ich wünsche gute nerven, gutes essen und euch helden ein paar ruhige minuten miteinander, und schokolade, so viel ihr könnt.