Dienstag, 20. Mai 2008

Straßenleben

Stella hatte heute ihren Leipzig-Blues. Sie hat eine Platzwunde am rechten Handballen, ihrer „Lieblingshand“, die ihr eine Lehrerin fachmännisch verbunden hat. Nun fühlt sie sich gehandicapt, war nicht in der Malschule und überhaupt. Eine Elternversammlung mit Kindern hätte heute in der Schule stattfinden sollen – ohne uns, weil Stella die Einladung verdaddelt hat. Mist, dass Mama immer weg ist und Greta krank. Sie zitiert Clara und bezieht sich anscheinend auf jüngere Inliner-Erfahrungen: Leipzig sei eine Wehtu-Stadt. Wir hätten nicht umziehen sollen, meint sie.
Die Großen kamen vorhin mit einer großen Menge kleiner cellophanierter Kärtchen im Scheckkarten-Format an, die einen mit einer Katzenfamilie drauf und die anderen mit Sonnenblumen. Die Kinder betrachteten diese Karten als eine Art Spiel, wie Puzzle oder Memory. Außerdem, so Stella, sei mit ihrem Handeln „Weltschutz“ verbunden, weil die Leute sonst die Papiere wegwürfen und die Umwelt verschmutzten. Clara hat ihre Karten schon bis über vierzig durchgezählt und war ziemlich stolz. Auf den Rückseiten steht: „Möchten auch Sie Ihr Auto verkaufen?“ oder: „Bargeld sofort und Abmeldung“. Gebrauchtwagenhändler haben die parkenden Autos auf unserer Straße damit bestückt, waren aber in diesem Falle wenig erfolgreich, weil die Kinder die hübschen Kärtchen von den Scheibenwischern weggesammelt haben.
Greta geht es besser, sie nimmt leichte Mahlzeiten zu sich. Zwieback und Bananenmus, was sie nicht voll befriedigt. Aber Donuts und Pommes sind noch verboten.

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Aus Stella´s Sicht voll verständlich: Leipzig hat Streß und Schmerzen in eure Familie gebracht und von der Mama ist nur noch wenig mitzukriegen, weil sie die meiste Zeit bei Greta verbringt. Schön wenn Stella und Clara dann selbst so nette AKtionen starten und was finden über das sie sich freuen können. ANdererseits ist es wohl auch eine glückliche Fügung, daß ihr ausgerechnet jetzt in Leipzig gelandet seid, denn in Braunschweig wäre das alles wahrscheinlich noch viel schwieriger zu organisieren gewesen, ganz zu schweigen davon, daß Steffi eben in Leipzig bei der Diagnose schnell an die richtigen Ärzte geraten ist.
Schön, daß es mit Greta langsam aufwärts geht. Hoffentlich dauert´s nicht mehr lang bis sie ihre Lieblingspeisen genießen kann.
Doris

hibou hat gesagt…

Mensch ich kann mir vorstellen, dass die Großen ihre Mama vermissen. Jetzt seid ihr schon so weit gekommen im Behandlungsplan von Greta und immernoch liegt so eine lange Strecke vor euch !
Gestern fahren Sonja, Marlene und ich mit der Tram durch Bordeaux, dabei kommen wir an einer Klinik für Blutkrebspatienten vorbei. Sonja fällt auf, dass das ein Krankenhaus war und fragt mich spontan: "Warum darf Greta nicht mal Filme schauen?" Ich versuche es ihr zu erklären und wir kommen beide zu dem Schluß, dass das gemein ist. Erstens so krank sein und zweitens nicht mal was schauen dürfen! Sonja schaut mich ganz ernst an und meint:"Mein Körper macht genau, was ich ihm sage und Gretas Körper, der macht was er will!" Wir ihr seht suchen auch unsere Mädels nach Erklärungsmustern für etwas was uns allen so unerklärlich ist.

Wir denken an euch und schicken ganz viel Geduld!

Liebe Grüße von Traute