Sonntag, 22. November 2009

Bald sechs Wochen Jena

Wir haben diese Woche gar nicht getauscht in Jena. Die Ärzte rieten uns dringend davon ab, Greta der Virenflut auszusetzen. Für mich waren das fünf außergewöhnlich erholsame Tage: dreimal Sport, fünfmal acht Stunden schlafen, das gab es seit der Kur nicht mehr.
Aber nach zwei Wochen vermisse ich meine Frau. So lange waren wir noch nie getrennt. Dafür haben wir eigentlich nicht geheiratet. Oder haben wir genau dafür geheiratet?? Greta ist als Person in diesem Haushalt schon vergleichsweise abstrakt. Die Wahrheit zu sagen: Stella, Clara und Papa zuhause, das läuft ausgesprochen rund. Und bis auf das Kinderzimmer ist die Wohnung sogar halbwegs in Schuss. Beim Abendbrot ließen wir Reminiszenzen passieren. Stella erzählte davon, dass Mama beim Wegzug aus Braunschweig geweint habe. Darauf Clara: Warte mal ab, bis Greta stirbt, dann wird sie erst mal weinen! Wir haben uns darauf geeinigt, dass vielleicht doch erst ein ablebendes Pferd den nächsten Anlass gibt.
Der tagesaktuelle Leukozytenwert aus Jena beträgt 3,3 ppm. Schon am vergangenen Montag hatte die Rückenmarkspunktion ergeben, dass das neue Knochenmark tatsächlich zu hundert Prozent angewachsen ist. Die großen Hürden sind also genommen. Auch GvH-Reaktionen waren bisher kein Thema. Aber über den Berg sind wir noch nicht.
Gretas Allgemeinzustand bessert sich nur langsam. Vorgestern stieg sie erstmals wieder aus dem Bett – um den Videorecorder anzumachen. Die Nierenwerte stabilisieren sich und die besonders gefährdeten Leberwerte sind unverändert, was zunächst kein Nachteil, sondern ein Zeitgewinn ist. Die nächtliche Sauerstoffzufuhr über eine Maske ist abgehängt worden, die Morphin-Gaben gesenkt, ganz langsam wird das eingelagerte Wasser abgebaut.
Für Steffi ist es jetzt hart, in die dritte Woche am Stück zu gehen. Jena ist inzwischen düster und kalt, das Durch-die-Stadt-Schlendern macht keinen Spaß mehr, elterliches Draußensitzen vor dem McDonald-Haus bei Wein und Tratsch entfällt auch – und dazu der jammervolle Zustand des FC Carl Zeiss Jena.
Übermorgen sind wir sechs Wochen dort, aber es werden selbst bei gutem Verlauf sicher noch zwei bis drei Wochen mehr werden, bis das Kind keine Infusionen mehr braucht und selbstständig essen kann. Freuen wir uns auf Weihnachten. Bis dahin wird es wohl geschafft sein.

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